Als Sozialarbeiterin arbeitet Sarah Dressler im Sozialen Dienst eines Altenheims. Aktuell in Elternzeit, engagiert sich die alleinerziehende Mutter ehrenamtlich und unterstützt Menschen im Alltag, im Haushalt etwa, oder bei Behördenangelegenheiten. Viel zu tun...
Frau Dressler, wie schaffen Sie es, sich nebenbei noch als Content Creator für soziale Themen einzusetzen?
Der Balanceakt zwischen Mutterschaft, Ehrenamt und Social Media ist eine Herausforderung, aber deshalb teile ich auch nur Inhalte, die wirklich relevant sind. Das kann mal täglich sein, mal seltener, denn als Mutter haben ich nicht immer gleich viel Zeit. Mal sind es nur vier Stunden, etwa wenn mein Kind krank ist, mal bis zu 24 Stunden in einer Woche. Meist drehe ich meine Videos spät abends, wenn mein Kind schläft.
Ihr Kanal bei TikTok läuft noch unter „Far Distance Dreams“...?
Mein Kanalname ist Sarah Dressler, darunter findet man mich auch. Die TikTok-ID kann man leider nicht ändern, deshalb steht „FarDistanceDreams“ noch im Link. Ursprünglich habe ich mich mit Traumdeutung beschäftigt, dann hat sich mein Fokus aber verschoben, hin zu Themen, die mich noch mehr beschäftigen und mir persönlich am Herzen liegen.
Inzwischen geht es bei Ihnen um Antifaschismus, Antirassismus und politische Aufklärung – wie kam es zu dem Themenwechsel?
Soziale Themen haben mich schon immer bewegt, das zeigt sich ja auch in meiner Berufswahl. Der entscheidende Moment kam, als mein Sohn mit eineinhalb Jahren seine erste rassistische Erfahrung machen musste. Ein anderes Kind sagte in seinem Beisein, er sei ganz schön braun und deshalb nicht so süß. Das tat weh. Ich dachte, was wäre, wenn er es verstanden hätte und sein Lächeln verschwunden wäre? Ich habe diese Erfahrung dann spontan geteilt und das Video ging viral. Seitdem beschäftige ich mich intensiver mit diesen Themen. Kein Kind, kein Mensch sollte so etwas erleben!
Follower und Likes sind die eine Seite – wie sind Ihre Erfahrungen mit Hassbotschaften?
Die sind leider massiv. TikTok filtert täglich hunderte Kommentare, viele davon sehe ich gar nicht mehr. Manche haben meinen Sohn oder meinen Ex-Partner mit rassistischen Begriffen beleidigt, oft „kreativ“ umschrieben, damit sie nicht sofort gelöscht werden. Am Anfang habe ich viel geweint, weil mir als weiße Frau nicht bewusst war, wie schlimm es ist. Es tut mir furchtbar leid für alle, die solche Erfahrungen täglich machen müssen. Ich versuche, mein Privileg sinnvoll zu nutzen und Verantwortung zu übernehmen.
Social Media hat große Macht auf die Meinungsbildung, speziell der Jugend – das nutzen Sie. Leider tun das Hassprediger auch…?!
Social Media kann Meinungen stark beeinflussen, deshalb ist es umso wichtiger, dass faktenbasierte und demokratische Stimmen präsent sind. Der Unterschied zu Hasspredigern ist, dass ich mit Fakten, echten Erfahrungen und demokratischen Werten arbeite, während sie Desinformation und Hetze verbreiten.
Wie schützen Sie Ihr Kind vor Mobbing, Rassismus – geht das überhaupt in dieser aktuell aufgeheizten Situation?
Ich halte mein Kind bewusst aus der Öffentlichkeit heraus. Er ist nicht Teil meines Social-Media-Contents. Im Alltag stehe ich für ihn ein, lese mit ihm Bücher, die ihm zeigen, dass seine Haare schön sind, dass er Grenzen setzen darf und dass Hautfarbe nichts über den Wert eines Menschen aussagt. Ich versuche, ihm mitzugeben, dass er wertvoll ist, so wie er ist. Mir ist aber auch wichtig, dass er seine Identität nicht nur über meine Perspektive erfährt. Er hat eine starke Verbindung zu seinem Vater, mit dem wir nah beieinander wohnen, und ich achte bewusst darauf, dass er in einem Umfeld aufwächst, in dem er auch andere Schwarze Menschen als Vorbilder und Freunde hat.
Haben Sie einen Plan dafür, was Sie wann posten?
Viele meiner Videos entstehen spontan, aus eigenen Erfahrungen, als Reaktion auf politische Ereignisse oder auf Videos, in denen Diskriminierung sichtbar wird. Manchmal greife ich aber auch alltägliche Themen auf oder mache bei Trends mit.
Sie haben fast 80.000 Follower und schon mehrere Millionen Menschen erreicht – erkennt man Sie auf der Straße?
Hin und wieder. Am lustigsten ist es, wenn ich privat mit neuen Leuten über meine Inhalte spreche und plötzlich checken sie: „Hä, warte mal...ich kenn dich!“ Manchmal werde ich auch draußen erkannt, meist mit diesem „Ich-kenn-dich-aber-weiß-nicht-woher“-Blick. Einmal hat mich jemand mitten im Supermarkt angesprochen, während ich völlig ratlos im Mumlook und mit ungewaschenen Haaren vor dem Nudelregal stand. Sehr glamourös war das nicht.
Was macht Ihnen Angst – was wünschen Sie sich von der nächsten Regierung?
Angst macht mir, wie wenig soziale Themen ernst genommen werden. Als alleinerziehende Mutter weiß ich, wie schwierig es sein kann, Familie und Arbeit zu jonglieren, während Unterstützung oft fehlt. Auch als Frau spüre ich, dass Gleichberechtigung längst nicht selbstverständlich ist. Ich wünsche mir, dass diese Realitäten endlich erkannt werden. Dass Familien nicht weiter kämpfen müssen, dass Bildung und Chancengleichheit keine Randthemen bleiben und wirklich nachhaltige Lösungen geschaffen werden.
Wer Sarah Dressler folgen möchte: TikTok: Sarah Dressler, Instagram:
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