Reise in die Westukraine „Familie ist die wichtigste soziale Sicherung“

M‘gladbach/ Westukraine · Seit Beginn des Krieges kümmert sich der neu gegründete Verein „Mönchengladbach hilft der Ukraine“ um Hilfslieferungen ins Krisengebiet. Der Verein, das sind vor allem der in Mykolajiw geborene Mönchengladbacher Hennadiy Kuvshynov, sein Sohn Dmitry und der Grünen-Politiker und ehemalige Bezirksvorsteher von Rheydt, Karl Sasserath. Der war mit seiner Frau jetzt erstmals vor Ort – mit wechselvollen Eindrücken.

Gastfreundschaft ist in der Ukraine selbstverständlich: Ulla Brombeis (l.) und Karl Sasserath (2.v.l.) wurden von der Familie der Kuvshynovs königlich bewirtet. Vieles kommt aus dem eigenen Garten.

Foto: Karl Sasserath/privat

„Ihr seid ja verrückt“, war so das, was Karl Sasserath und seine Frau Ulla Brombeis am häufigsten gehört haben, wenn sie ihre Pläne, die Ukraine zu bereisen, erwähnt haben. Hennadiy Kuvshynov, mit Karl Sasserath Begründer des Vereins „MG hilft der Ukraine“, hatte aber nicht locker gelassen: „Du musst mein Land kennenlernen“ hatte er seinen Freund Karl immer wieder aufgefordert. „Wir waren in der Westukraine. Der Landesteil ist uns am nächsten“, so Sasserath. Zerstörung erlebe man dort nicht, aber man würde die „Innenseite“ des Krieges mitbekommen.

1 600 Kilometer auf dem Rücksitz eines Lancia – Karl Sasserath und Ehefrau Ulla Brombeis haben erfahren, wie sich das anfühlt. Die Rückreise dauerte 21 Stunden. „Besonders für alte Menschen eine Tortur“, sagt Sasserath. Die Westukraine haben die beiden Mönchengladbacher als ausgesprochen schönes und fruchtbares Land mit sehr gastfreundlichen Menschen kennengelernt: „Tomaten, Wein, Gemüse...“, alle bauen da in ihren Gärten was an“. Natürlich flüchten jetzt alle aus den Krisengebieten dorthin. Fast jeder habe Familienmitglieder aus bombardierten Städten aufgenommen, die Schulen platzten aus allen Nähten, hat Karl Sasserath erlebt.

„Familie ist in der Ukraine das wichtigste soziale Sicherungssystem – lange vor staatlicher Sozialhilfe“, sagt er, besonders bedrückend sei deshalb die Situation für Menschen, die alleinstehend sind. „Die Familie von Hennadiy Kuvshynov hat uns königlich bewirtet“, sagt Karl Sasserath, übernachtet haben er und seine Frau für wenig Geld in einer Ferienanlage. „Wir mussten ja irgendwo hin“.

Neben Hennadiy Kuvshynov, seinem Sohn Dmitry und Ehefrau Natalya war auch deren Schwester Irina mit. „Sie hatte ihren Mann, der in der ukrainischen Armee ist, fast fünf Monate nicht gesehen“, so Sasserath. „Der Mann hatte drei Tage frei, um sich mit seiner Frau zu treffen – berührende Momente“. Hennadiy Kuvshynov erfuhr vor Ort, dass die Schule in seiner Heimatstadt Mykolajiw in Schutt und Asche liegt.

Die Gruppe hatte stundenlange Wartezeiten an der ukrainischen und ungarischen Grenze. „Da erlebt man, welche Strapazen die Geflüchteten mitmachen müssen“. Bei der Ausreise aus der Ukraine würde penibel nach Deserteuren gesucht, an der ungarischen Grenze erlebe man einfach Machtspielchen, obwohl man sich ja in Europa befinde, so Sasserath.

Am Donnerstag ist auch der vom ASB und der Feuerwehr gespendete Krankenwagen (Extra-Tipp berichtete) in die Ukraine gestartet. Der Verein hatte im Vorfeld eine Menge Papierkram dafür erledigen müssen.

Der Verein sammelt nach wie vor Spendengelder, um die Hilfstransporte zu finanzieren. Anschrift: „MG hilft der Ukraine e.V. i.G“, IBAN DE60 3106 0517 0041 6360 17, Volksbank Mönchengladbach Spenden über PAYPAL an:
mghilft.ua@gmail.com