Richard Wagners „Der fliegende Holländer“ von 1843 wird zu den „romantischen“ Opern gezählt. Denn der Inhalt ist mystisch. Nach einer alten Sage soll ein verfluchter Kapitän, der nicht sterben kann, mit einem Geisterschiff ruhelos über die Weltmeere gleiten. Zum Schrecken aller Seeleute. Alle sieben Jahre geht er an Land, um eine Frau zu finden, die in bedigungsloser Liebe zu ihm steht. Nur wenn er diese finden sollte, kann der Fluch gelöst werden.
Das dramatische Musikwerk wird nun am Stadttheater Krefeld aufgeführt. Vorigen Sonntag war Premiere.
Unter Leitung von Generalmusikdirektor Mihkel Kütson intonieren die Niederrheinischen Symphoniker im Orchestergraben die Ouvertüre. Sie zeichnet sich durch zwei gegensätzliche Motive aus: wuchtig die Musik zum Untoten auf dem zornig schäumenden Meer, im Kontrast dazu lieblich die Klänge zur erlösenden Liebe. Dieser Kontrast wird die ganze Oper musikalisch durchziehen.
Von Beginn an hat Regisseur Roman Hovenbitzer die Musik durch starke Bilder untermalt. Auf einem transparenten Vorhang sieht man in Videoprojektion das Meer wild brausen. Später unterstützen schemenhafte Gesichter wie in einem alten Schwarz-weiß-Film die Handlung auf der Bühne. Das wirkt sehr suggestiv und zieht die Zuschauer in den Bann des Geschehens. Allerdings wirkt es mitunter auch etwas überladen und aufdringlich. Schließlich steht in einer Oper die Musik im Mittelpunkt. Zu viel optische Reize können auch verwirren.
Zumal Bühnenbildner Roy Spahn schon eine kongeniale Kulisse geschaffen hat. Große Bullaugen, durch die man das Meer erblickt, verschaffen den Eindruck, als sähe man ins Innere eines Schiffes. Kostümbildnerin Mechthild Seipel hat zudem die Sänger in historisierende Kleidung gewandet. Die markanten Kostüme sind nicht nur eine Augenweide, sondern spiegeln die inneren Gefühle ihrer Träger.
Besonders deutlich gelingt dies bei einem Kind, das von Anfang bis Ende die Handlung begleitet. Das Mädchen ist wie ein Piratenkapitän des 18. Jahrhunderts gekleidet und symbolisiert damit die geheimen Träume der weiblichen Hauptfigur Senta. Diese verliebt sich in den untoten Holländer, weil die Sagengestalt von Kindheit an ihre Fantasie von Freiheit bewegt.
Daran knüpft Regisseur Hovenbitzer auch eine Neuinterpretation der Oper an, indem er ein zeitgemäßes Frauenbild ins Zentrum rückt. Anders als in der Vorlage Richard Wagners unterwirft sich Senta keineswegs den von Mythos und toxischer Männlichkeit vorgezeichneten Ansprüchen.
Das Premierenpublikum zeigte sich von der Aufführung begeistert. Neben den kraftvoll auftretenden Solisten hinterließen nicht zuletzt die Frauen- und Männerchöre großen Eindruck, die von Wagner mit den eingängigsten Melodien versehen sind und üppig die Bühne bereichern. Ein erstklassiges Opernerlebnis.
Weitere Aufführungen: 26. Januar; 1., 18. Februar; 8., 20., 26. März; 6. April (18 Uhr); 5. Mai (16 Uhr). Beginn jeweils 19.30 Uhr. Karten an der Theaterkasse, Tel.: 02151/ 805-125.