Viersen Bürger informierten sich über Windkraft

Viersen · Lebhafte, teils auch kontroverse Diskussionen und ein voll besetzter Ernst-Klusen-Saal in der Viersener Festhalle: Die Informationsveranstaltung der Stadt Viersen zu den Planungen und Plänen rund um die Frage der Nutzung der Windenergie in der Kreisstadt traf auf großes Interesse.

Am Donnerstag informierten sich viele Bürger darüber, wo in Viersen Windräder gebaut werden könnten.

Foto: Petra Bork/ Pixelio

Manche Frage konnte geklärt werden, viele Anregungen wurden aufgenommen und für den weiteren Verlauf des Verfahrens notiert.

Kristina Ohrem, Abteilungsleiterin Bauplanung bei der Stadt Viersen, hatte zunächst die allgemeinen Voraussetzungen des laufenden Verfahrens zur Änderung des Flächennutzungsplans erläutert. Nach den Vorgaben des Landes sollen im Jahr 2050 vier Fünftel des Stroms aus erneuerbaren Energien stammen. Dazu sei der Ausbau der Windenergie unverzichtbar. Der Regierungsbezirk Düsseldorf solle dazu einen Beitrag leisten, in dem er 3500 Hektar Fläche für Windkraftanlagen im Regionalplan ausweist.

Die Potenzialflächenanalyse, die untersucht, welche Flächen auf Viersener Stadtgebiet überhaupt für Windräder geeignet sind, stellte Thomas Finke vom Ingenieur- und Planungsbüro Lange aus Moers vor. Finke verwies darauf, dass das Verfahren nicht abgeschlossen sei. Der aktuelle Stand, der auch aus den Veröffentlichungen der Stadt Viersen auf deren Internetseite abgelesen werden könne, umfasse nur einen Teil der Prüfungen, die letztlich zur abschließenden Beurteilung erforderlich seien. Allerdings zeige sich bereits jetzt, dass die grundsätzlichen Überlegungen mit denen der übergeordneten Ebenen übereinstimmten. Diese hätten bei ihren Planungsüberlegungen ebenfalls Windkraftanlagen an der Dülkener Nette und der Boisheimer Nette vorgesehen.

Die Pläne des möglichen Investors NEW Re erläuterte Geschäftsführer Tafil Pufja. Pufja sah sich vor allem mit Fragen nach der Zahl der geplanten Windräder und der konkreten Umsetzung eines eventuellen Bauvorhabens konfrontiert. Diese Detailfragen gehören allerdings nicht zu dem laufenden Verfahren der Änderung des Flächennutzungsplans. Beatrice Kamper, Technische Beigeordnete der Stadt Viersen, sagte, die Stadt könne als "Plangeber" nur Rahmenbedingungen vorgeben: "Die Stadt stellt nur die grundsätzliche Machbarkeit fest."

Die konkreten Bauanträge müssten die Investoren stellen. Auch sei für die Entscheidung über diese Bauanträge nicht die Stadt, sondern der Kreis Viersen zuständig. Nicht teilen wollten die Verwaltungsvertreter die Bedenken einzelner Bürgerinnen und Bürger, weil Gutachten etwa zur Umweltverträglichkeit und zum Artenschutz, aber auch der gesundheitlichen Unbedenklichkeit der Anlagen, vom Antragsteller und potenziellen Betreiber vorgelegt werden. Hier, so forderten sie, müsse die Stadt die Gutachten in Auftrag geben, der Antragsteller solle nur für die Ausarbeitungen bezahlen.

Die Technische Beigeordnete Kamper und der Fachbereichsleiter Stadtplanung, Harald Droste, wiesen dieses Ansinnen unter Hinweis auf geltendes Recht zurück. Droste sagte, er könne in dem Verfahren auch nichts Außergewöhnliches erkennen: Wenn jemand einen Bauantrag für ein Haus stelle, dann sei es auch selbstverständlich, dass der Antragsteller mit dem Antrag die von ihm in Auftrag gegebene und bezahlte Berechnung der Statik vorlege. Wolfgang Kerstan, Inhaber des Büros Lange, erinnerte daran, dass die Gutachten durchaus kritisch geprüft werden und im Zweifel auch einer gerichtlichen Kontrolle standhalten müssten.

Im Verlauf der Diskussion wurde deutlich, dass viele Einzelfragen in dem frühen Stadium des Verfahrens noch nicht beantwortet werden konnten. Darüber hinaus betreffen viele Bürgersorgen Aspekte, die nicht planungsrechtlich zu klären sind, sondern in der Prüfung der einzelnen Bauanträge. Auch bei der grundsätzlichen politischen Frage, ob und gegebenenfalls in welchem Umfang die Nutzung der Windenergie sinnvoll ist, konnte die von Simon Trockel von der Energieagentur NRW moderierte Diskussion naturgemäß kein Ergebnis haben.

Beatrice Kamper machte abschließend noch einmal deutlich, dass die Stadt Viersen das Ziel verfolgt, die Aufstellung von Windrädern zu steuern. Dass Flächen für diese Anlagen geschaffen werden müssen, gibt die Landespolitik vor. Die Stadt könne nun entscheiden, ob sie sogenannte Konzentrationsflächen ausweise, wie das mit der diskutierten Planänderung geschehen soll. Gäbe es keine Beschränkung auf solche Flächen, wäre der Bau von Windrädern an vielen Stellen im Stadtgebiet möglich und die unerwünschte ?Verspargelung? komme.

Kristina Ohrem erinnerte daran, dass die Planungsunterlagen nicht nur im Internet bereitstehen, sondern auch im Technischen Rathaus eingesehen werden können. Noch bis zum Freitag, 22. Januar 2016, liegen die Unterlagen an der Bahnhofstraße aus und werden auf Wunsch gern von den zuständigen Mitarbeiterinnen erläutert. Die während der Veranstaltung vorgetragenen Bedenken und Anregungen werden nun geprüft und gegebenenfalls in die Planungen eingearbeitet. Parallel dazu gehen die Beteiligung anderer öffentlicher Stellen und die vertiefenden Prüfungen weiter. Frau Ohrem sagte, je nach Fortschritt und Verfahrensstand sei es denkbar, dass die Stadt Viersen über die im förmlichen Planverfahren vorgeschriebene Bürgerbeteiligung hinaus noch zu einer zusätzlichen Informationsveranstaltung einladen werde.