Rheinhauser demonstrieren am 23. September Moderner "Thesenanschlag"

Rheinhausen · Am 23. September wird es in Rheinhausen eine ganz ungewöhnliche Demonstration geben, bestehend aus: Kindern der integrativen Kita der Ev. Friedenskirchengemeinde, älteren Bewohnerinnen und Bewohnern der Pflegeeinrichtung von Bodelschwingh-Haus, Schülerinnen und Schüler des Krupp-Gymnasiums und der van Gogh-Grundschule, evtl. ihre Eltern und wer mitgehen möchte.

Petra Remberg, Beate Rosenbaum-Kolrep, Simon Bartel, Peter Jöckel und Ingrid Dyballa (vl) vor der nachgebauten Kirchentür, an der die Thesen, der Kinder, Jugendlichen und Älteren angeschlagen werden sollen.

Foto: privat

"Sie alle eint, dass sie sich damit auseinandergesetzt haben, was in der Gesellschaft und in der Welt verbessert werden muss. Ihre Vorschläge machen sie öffentlich. Manches schreiben sie auf Transparente, anderes auf Karten. Diese werden wir zunächst an einer nachgebauten Kirchentür aufhängen. Das passiert in Anlehnung an Luthers Thesenanschlag", erklärt Beate Rosenbaum-Kolrep. "Wir wollen junge und alte Menschen ermutigen, aktiv an der Gesellschaft teilzuhaben. Genauso, wie es vor 500 Jahren zu Beginn der Reformation geschehen ist, die Veränderungen zum Guten bewirken sollte."

Dass für die Kinder aus dem Kindergarten ganz andere Themen wichtig sind, als für Bewohnende eines Altenheimes, sei nur gut, so die Pfarrerin der Rheinhauser Friedenskirchengemeinde. "Es sollen alle Interessen der verschiedenen Gruppen öffentlich werden."

Der Demonstrationszug wird mit zunehmender Wegstrecke anwachsen: Beginnend um 12 Uhr am Krupp-Gymnasium, geht es beim Jugendzentrum "Tempel" vorbei zur katholischen Christus-König-Kirche, wo auch die Grundschulkinder der van-Gogh-Schule hinzukommen. Beim Bodelschwinghaus werden sich je nach körperlicher Verfassung Menschen in Rollstühlen oder mit Rollatoren einreihen und den Weg bis zur Friedenskirche mitmachen. An jeder der genannten Stationen gibt es ein Programm von 15 Minuten, kleine Theateraufführungen, Musik etc. "Etwas, was die Menschen anspricht", verspricht Beate Rosenbaum-Kolrep.
An der Friedenskirche werden alle Thesen an die nachempfundene Kirchentür genagelt, ganz so, wie es Martin Luther Ende 1517 gemacht haben soll, der mit seinen 95 Thesen die Welt verändert hat.

Beim anschließenden Gemeindefest können alle Teilnehmenden weitere Wünsche an die Tür schlagen. "Und wir werden Politiker einladen, damit sie sich bei uns informieren können", so die Theologin.

"Wenn es erforderlich ist", sagt Simon Bartel, Lehrer des Krupp-Gymnasiums, "werden wir die Thesen an politische Institutionen weiterleiten. Die Schülerinnen und Schüler sollen wissen, dass die Ergebnisse nicht einfach verschwinden werden. Am 23. September soll nicht Schluss mit der Auseinandersetzung sein."
Wie man sich mit Kindern dem Thema nähert, erläutert Ingrid Dyballa, Leiterin der Integrativen Kita Brunnenstraße der Friedenskirchengemeinde. "Am Anfang sprechen wir altersgemäß darüber, wer Luther war. Dann fragen wir nach den Wünschen der Kinder. Mit den älteren können wir auch überlegen, was allgemein wichtig ist und was für ein einzelnes Kind. So lernen sie demokratische Teilhabe und sehr viel über die Reformation kennen."

Ähnlich wird es auch im Bodelschwingh-Haus sein, erläutert Petra Remberg. "Wir erarbeiten die Thesen der Bewohnerinnen und Bewohner in Gesprächen. Das kann mit demenziell veränderten Personen ein langwierigerer Vorgang sein. Und wir bereiten etwas vor, ob poetisch oder musikalisch ist noch nicht geklärt." Sorgen, dass der Tag für die Seniorinnen und Senioren zu anstrengend oder gar gefährlich ist, hat sie nicht angesichts der Erfahrungen von früheren Festen, Weihnachtsbasaren und Osterfeuer bei der Friedenskirche. "Und wir haben einen Stamm von Ehrenamtlichen, die uns gut helfen."

Die Schulen werden sich der Reformation, Luther sowie den Thesen, die für die Schüler heute wichtig sind angepasst an die Altersstufe historisch nähern, verrät Bartel, der auch Geschichte lehrt.
So werden am 23. September Menschen jeden Alters miteinander und mit einem klaren Bewusstsein auf der Straße sein, was sich in der Welt verändern muss. "Es ist kein Sternmarsch, sondern ein gemeinsamer Gang, bei dem niemand zurückgelassen wird", erklärt Schulleiter Peter Jöckel "Die Teilnehmenden werden sehen, es lohnt sich, etwas zu tun und sich auf den Weg zu machen."