Hier saß August Thyssen regelmäßig mit den Anteilseignern der "Gewerkschaft Deutscher Kaiser" zusammen und schmiedete an seinem Großkonzern. Macht und Pracht strahlt der Gewerkesaal in der alten Thyssen-Verwaltung noch immer aus, Flipcharts und Leinwand vorm Kamin deuten an, dass der Raum auch heute noch für Arbeitsbesprechungen genutzt wird. "Das ist sicher im Sinne von August Thyssen", sagt Konzernsprecherin Theresa Junk, "der ja nach heutigen Begriffen ein 'workaholic' war."
"Was ist es uns wert?" Das ist für Anja Geer, Leiterin des Amtes für Baurecht und Bauberatung, zu dem auch der Denkmalschutz gehört, überhaupt die Frage beim Denkmalschutz und Thema am Tag des offenen Denkmals. "Der Dank für den Erhalt ist Teil der Veranstaltung." Dabei soll in diesem Jahr sicht- und erfahrbar werden, "dass man zum Teil auch erschlagen wird von der Architektur" — dass gerade repräsentative Gebäude wie August Thyssens Firmensitz auch Ehrfurcht einflößen, war ja "Sinn der Übung", so Geer.
Erstmals ist es gelungen, die alte Thyssen-Verwaltung mit ins Programm des Tags des offenen Denkmals aufzunehmen. "Das passt wie die Faust aufs Auge zum Thema", freut sich Petra Kastner von der Unteren Denkmalbehörde, und Jörg Weißmann vom Heimatverein Hamborn rechnet mit viel Zuspruch bei den Führungen. Er wird selbst eine übernehmen, um 11 Uhr, die weiteren übernimmt Besucherguide Michael Clarke von Thyssen-Krupp, denn Weißmann will noch ins Landesarchiv: Da wird es quasi eine Vorschau aufs MSV-Museum geben und darin, darauf freut sich Weißmann, ein ganzes Kapitel zu den Sportfreunden Hamborn 07 — alte Herrlichkeit!
Pracht, aber auch Bürgerstolz präsentieren die Kirchen, die vor allem Ende des 19. und Anfang des 20. Jahrhunderts in den schnell wachsenden Stadtteilen (oder damals: Vororten) Duisburgs gebaut wurden. Beispielhaft der "Dom" von Huckingen, die Kirche St. Peter und Paul, deren Grundstein vor 140 Jahren gelegt wurde, in deren Inneres aber viele Zeugnisse einer reichen Vergangenheit Eingang gefunden haben. Die Kirche ist auch Start und Ziel eines Rundgangs "entlang des historischen Wanderwegs im Angerland", den der Huckinger Bürgerverein um 14 Uhr anbietet (Anmeldung bis 8. September zwingend erforderlich unter (0203) 283-6714).
Wie Macht und Pracht auch im Privaten zur Schau gestellt oder diskret angedeutet werden, kann man am Kaiserberg studieren. Beispielhaft fürs herrschaftliche Hausen wohlhabender Unternehmer steht die Villa an der Wilhelmstraße 6, die besucht und mit Musikprogramm im Garten am Sonntagnachmittag auch genossen werden kann. Das Haus von 1912 wurde zwar mehrmals umgestaltet, doch die großbürgerliche Wohnkultur ist noch an vielen Baudetails ablesbar. Reichtum hinterlässt halt Spuren ...