Kaiman im Hafen!

Ruhrort · Nein, es ist kein Reptil ausgebüchst, aber was da in der Meidericher Schiffswerft liegt, ist mindestens genauso eine Sensation: der Taucherschacht Kaiman von 1892. Dr. Bernhard Weber hofft, das Teil fürs Museum der deutschen Binnenschifffahrt zu bekommen.

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Seine ältere Schwester hieß Krokodil, und der Kaiman wurde bei seiner Indienstnahme auf Kaiser Wilhelm getauft. 44,50 Meter lang, 9,33 Meter breit, 1,50 Meter Tiefgang, aber keinen eigenen Antrieb hat das schwimmende Gerät, das deshalb kein Taucherglockenschiff, sondern ein Taucherschacht ist — Highlight und quasi der Eiffelturm des Kaimans ist mittschiffs das Hubgerüst mit der Taucherglocke, die bis in acht Meter Tiefe abgesenkt werden kann. Auf dem Rhein zwischen Köln und Karlsruhe hat der Kaiman 114 Jahre lang Hindernisse beseitigt, Bojenanker befestigt und verlorene Anker geborgen, bis er 2006 außer Dienst gestellt wurde.

Zuletzt lag er im Schiersteiner Hafen in Wiesbaden; von dort hat ihn der holländische Frachter Singa längsseits bis zur Meidericher Schiffswerft geschleppt. Zurück in seine Geburtsstadt quasi — 1892 wurde das Meisterwerk der Ingenieurskunst von der Maschinenbaufabrik Hanner & Comp. und der Schiffswerft Berninghaus in Duisburg gebaut. Er muss durch den TÜV, was bei Schiffen SUK heißt (Schiffsuntersuchungskommission), und auch sonst muss einiges in Ordnung gebracht werden. "Der Kahn ist total rostig, die ganzen Reibhölzer sind kaputt", nimmt Dr. Bernhard Weber eine Ferndiagnose vom Ufer aus vor. Der Leiter des Museums der deutschen Binnenschifffahrt in Ruhrort würde den Taucherschacht gerne in seine Sammlung historischer Schiffe aufnehmen — wüsste aber auch eine andere Verwendung: "Kann man fast ein Hotelschiff draus machen", so geräumig und gut ausgestattet sei der Kaiman unter Deck. Hinter einem Bullauge sieht man einen Blumenstrauß.

Tatsächlich wäre der Kaiman, als ehemaliger "Mitarbeiter" des Wasserstraßen- und Schifffahrtsamtes Bingen im Besitz des Bundes, ein Prachtstück fürs Museum, aber bis jetzt sind das "Visionen und Wünsche", so Weber. Da wäre erstmal die Frage des Standorts. Neben der Oscar Huber würde das Gerüst doch erheblich in die Leinpfad-Silhouette eingreifen, fürchtet Weber. Ideal sei ein Standort an Land. Das würde die Instandhaltung leichter (und damit kostengünstiger) machen, und außerdem könnte man dann auch das Entscheidende begehbar machen — eben den Taucherschacht. Für den Unterwassereinsatz brauchte es erheblichen Luftdruck, der Museumsbesuchern nicht zuzumuten ist (und vermutlich sowieso nicht erlaubt wäre).

Erstmal haben jetzt Sascha Wallraff und seine Kollegen jede Menge Arbeit mit dem Industriefossil; die Tage geht der Kaiman auf die Helling. An Land — braucht Dr. Weber also nur noch einen Sattelschlepper ...

(Niederrhein Verlag GmbH)