Hausbesitzer soll wegen fehlender Genehmigungen alles abreißen Für uns geht es um alles

Hardt · Mischa Ciric fürchtet um seine Existenz. Die Stadt will, dass er nach 54 Jahren auf seinem Grundstück alle Gebäude abreißt. Grund: fehlende Baugenehmigungen auf einem alten Grundstück im Landschaftsschutzgebiet Hardter Wald. Seine Nachbarn haben inzwischen nachträglich Genehmigungen, ihm verweigert man aber die Papiere. „Wo bleibt da die Gerechtigkeit?“ fragt er.

Mischa Ciric soll alles abreißen, auch seine Werkstatt. „Wovon soll ich dann leben?“, sagt er.

Foto: Report Anzeigenblatt/Ulrike Mooz

Mischa Ciric und seine Lebensgefährtin Waltraud Bartel-Lumb sind verzweifelt. Das Grundstück, auf dem Ciric aufgewachsen ist, liegt im Randbereich des Landschaftsschutzgebietes in Hardt. Als Cirics Eltern es Ende der 60-er Jahre erwarben, hat sich niemand um Baugenehmigungen geschert. Seine Nachbarn hätten die Papiere nachträglich erhalten, sagt er, er sei leer ausgegangen. Die Stadt will nun, dass er alle Gebäude auf dem mehr als 1 000 Quadratmeter großen Grundstück abreißt, einschließlich seiner Autowerkstatt. „Die entziehen mir meine Existenzgrundlage“, sagt Ciric, und versteht nicht warum.

Angefangen hat das Desaster 2018. Der selbstständige Kfz-Techniker-Meister wollte sein Elternhaus vor dem Verfall retten und begann, zusammen mit Freunden, das Dach zu erneuern. Richtig Geld wollte er dafür in die Hand nehmen. Das Bauordnungsamt tauchte auf und forderte Ciric auf, sich einen Architekten zu suchen und einen detaillierten Bauantrag zu stellen. Ciric tat, wie ihm geheißen, aber es ergaben sich immer neue Probleme und endlose Briefwechsel. Das Haus, inzwischen durch Feuchtigkeit stark geschädigt, sollte nun kernsaniert werden. Ciric ging das Geld aus. Statt zu helfen, nahm das Bauamt ein anderes Gebäude ins Visier: seine Werkstatt. 2005 hatte er nach der Übernahme der Firma von seinem Vater alle damaligen Umwelt-Auflagen erfüllt. „Doch jetzt wurde mir nahe gelegt, mir einen neuen Standort zu suchen.“

Inzwischen geht es um alles: Alle Gebäude sollen weg, auch das Büro und die Blockhütte, in der Mischa Ciric mit seiner Frau wohnt. Wegen fehlender Baugenehmigungen für insgesamt neun Gebäude. „Gefahr für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung“ heißt es im Amtsdeutsch als Grund, und die läge nicht nur dann vor „wenn Leben oder Gesundheit von Menschen gefährdet“ sei, sondern auch bei „Verstoß gegen geltendes öffentliches Recht“. Das sei hier der Fall heißt es in einem Brief der Stadt.

Die Frist ist bereits im Dezember abgelaufen. Rund 30 000 Euro „Zwangsgeld“ drohen. Ciric und seine Frau sind den Tränen nahe, wenn sie darüber sprechen. „Dabei hatten wir 2009 eine Baugenehmigung. Sowas läuft aber nach zehn Jahren ab“, sagt er. Am Anfang hatte Ciric noch einen Rechtsbeistand. Der habe sich sehr erstaunt gezeigt, dass die Genehmigung nicht verlängert wurde, das sei sehr ungewöhnlich, so Ciric.

Die jahrelange bedrohliche Situation ist für das Paar zermürbend. Mit 58 nochmal bei Null anfangen, kann sich der Kfz-Techniker-Meister nicht vorstellen. Beim Verwaltungsgericht Düsseldorf hat Mischa Ciric Widerspruch eingelegt. Um Geld zu sparen, hat er sich vor Gericht selbst verteidigt – ohne Erfolg, oder besser mit einem ganz kleinen: Beim Gerichtstermin in Düsseldorf habe das Bauordnungsamt statt zu erscheinen, per Schnellverfahren die Ordnungsverfügung mit der Abrissanordnung zurückgezogen, sagt er. Einen entsprechenden Erledigungsvermerk habe Ciric sich geweigert, zu unterschreiben. Geholfen hat das nicht. Wenig später gab es die wortgleiche Ordnungsverfügung wieder, diesmal mit erneuertem Datum von 2022.

Der Extra-Tipp hat bei der Stadt nachgefragt. Die räumt in einer Stellungnahme zwar ein, dass die Aufgabe von Gebäuden und Grundstück  für die Betroffenen ein „schwerer Schritt“ sei, beruft sich aber darauf, dass ein vergleichbares Grundstück, rund 140 Meter entfernt, ausschließlich zu Wohnzwecken genutzt werde und das Wohnhaus bereits seit 1976 aktenkundig Bestandsschutz genieße, die Sachlage sich also beim Nachbarn anders darstelle. Im Gegensatz dazu sei eine nachträgliche Baugenehmigung bei Ciric deshalb nicht möglich, weil das Grundstück im Geltungsbereich des Landschaftsplanes liege. Dass es Ende der 40-er Jahre Baugenehmigungen auf Widerruf für ein Sägewerk auf dem Grundstück gab und eine Nutzungsänderung zu Wohnzwecken bereits 1955 abgelehnt wurde, war lange vor der Zeit von Mischa Ciric – und lange bevor seine Eltern das Grundstück kauften, doch auch darauf beruft sich das Bauordnungsamt.

Unterdessen brodelt die Gerüchteküche. Er habe schon dicht gemacht, hat Ciric zu seinem Entsetzen gehört. „Das stimmt doch nicht“, sagt der Kfz-Techniker-Meister, der Mitglied der Kfz-Innung ist und noch 2020 die Global Trust-Empfehlung „Top-Autowerkstatt“ erhielt. Er  scheut sich, noch irgendwas zu reparieren, Geld in seine vom Abriss bedrohten Gebäude zu stecken. Auf dem Schreibtisch steht eine kleine Schüssel, in die es durch das undichte Dach tropft. Daneben liegt die Antwort auf eine Einlassung Cirics von Juli 2022, worin man ihn bittet, mit allem abzuwarten, bis der Präsident des Verwaltungsgerichtes Düsseldorf den Fall geprüft habe...