Wie erzählt man heutzutage ein Märchen? Und zwar so, dass es zeitgemäß und zugleich anregend auf die Fantasie wirkt?
Dieses Kunststück bringt das Kresch-Theater mit seiner neuen Produktion „Die wilden Schwäne“ fertig. Regisseur Franz Mestre hat sich eines Kinderstücks von Thomas Brasch angenommen, das sich auf das klassische Märchen von Hans Christian Andersen stützt.
Darin verwandelt eine böse Schwiegermutter die Söhne des Königs in Schwäne und treibt die Tochter aus dem Haus, um allein herrschen zu können. Doch die Treue der Tochter weiß den Zauber zu lösen. Liebe siegt also über die Gier. Das ist die Moral des Märchens.
Um diese herauszuarbeiten, braucht Mestre nur wenige Requisiten, eine Zwei-Mann-Combo für die jazzige Musik und fünf wandlungsfähige Schauspieler, die jeweils mehrere Rollen spielen. Die Inszenierung setzt ganz auf die Kraft von Symbolen: Ein Kletterturm mit Krone fungiert als Königreich, durchsichtige Stühle dienen der Statusbestimmung ebenso wie dem kindlichen Versteckspiel. Diese Abstraktion regt die Fantasie des jungen Publikums an, statt sie abzuwürgen. Das gilt auch für den Einsatz der Live-Musik, die dem Stück Atmosphäre und Emotion verleiht. Besonders erfreulich ist, dass Mestre der Sprachkunst den nötigen Raum gibt. Viele Übergänge der Geschichte werden erzählend ins Publikum gesprochen. Dadurch erschließt sich medienüberfrachteten Kindern die einzigartige Ausdrucksfähigkeit kultivierten Sprechens.
Pädagogisch fragwürdig ist allerdings die zu saloppe Verwendung religiöser Symbole wie Kreuz und Bekreuzigung in betont negativem Kontext. Zwar ist es schon in Andersens Vorlage ein Bischof, der die Königstochter zum Scheiterhaufen verurteilt; doch Grundschulkinder dürften kaum zwischen Historie und heutiger Ethik christlicher Kirchen unterscheiden können. Da entsteht in kindlichen Köpfen leicht ein falscher Eindruck.
Das Stück ist mit viel Spielwitz und Überraschungen gewürzt. Die Schauspieler und Musiker agieren lustvoll und kindgerecht. Das Grundschulpublikum amüsierte sich köstlich.
Das Kresch-Theater in der Fabrik Heeder hat eine Reihe von Vorstellungen angesetzt. Sie sind zu finden unter: www.kresch.de; Tel.: 862626.
Die Karten kosten 10 und 4 Euro, für Schülergruppen ab 10 Personen 3 Euro.
Altersempfehlung: ab 6 Jahren.