Neukirchen-Vluyn. Ab 13.30 Uhr sammeln sich die Teilnehmenden an der Bergmannskulptur auf Niederberg, um 14 Uhr setzt sich der bunte Demonstrationszug in Bewegung. Es geht die Niederrheinallee rauf bis zum Vluyner Platz. Dort führen ab 15 Uhr Christian Pelikan, Sprecher der Grünen Neukirchen-Vluyn, die den CSD wieder gemeinsam mit Kulturprojekte Niederrhein veranstalten, und Dragqueen Fiona Fabulous durchs Programm. Und das ist, wie es sich für eine Demonstration gehört, auch politisch. „Wir haben alle Bürgermeisterkandidat*innen zur Diskussionsrunde eingeladen und auch MdBs und MdLs werden als Redner*innen auftreten“, sagt Christian Pelikan. Außerdem hat sich mit Pascal Kaiser ein queerer Influencer und gebürtiger Neukirchen-Vluyner angekündigt, der auf der Bühne seine Erfahrungen teilen möchte. Alle demokratischen Parteien wurde zudem eingeladen - der Einladung sind die SPD und die Linken gefolgt. Sie werden ebenso wie die Grünen mit einem Infostand auf dem Vluyner Platz vertreten sein. Für weitere Stände laufen derzeit u.a. Gespräche mit SLam and Friends Moers e.V., mit dem Bündnis „Aktiv für Demokratie und Toleranz in Neukirchen-Vluyn“ und mit der Aidshilfe. Letztes Jahr waren es elf Stände. Natürlich gibt’s auch wieder Musik. Die Moerser Formation „Schlagersahne“ kommt mit deutschen Schlagern aus den 70ern und viel Glitzer vorbei und kümmert sich um den Partyteil der Veranstaltung. Für die gastronomische Verpflegung sorgt Alinas Gourmetwerkstatt. Es wird also voll auf dem Vluyner Platz.
CSD in Neukirchen-Vluyn 2024
„Die Teilnehmer*innenanzahl hat sich von 250 bis zu 500 im letzten Jahr entwickelt. Damit waren wir drei Jahre hintereinander der größte CSD im Kreis Wesel“, so Pelikan, für den die Zahl aber eine eher ungeordnete Rolle spiele: „Wenn nur eine Person hinterher sagt, dass sie sich das erste Mal hier wohlgefühlt hat, ist alles erreicht.“ Und er erzählt von einer Begegnung im letzten Jahr mit einem extravagant gekleidetem Mann, der sich freute, sich endlich mal nicht verkleiden zu müssen. „CSD ist nämlich kein Karneval“, stellt Pelikan klar, „hier geht’s nicht ums Verkleiden, sondern ums ‚So-sein-wie-man-ist’.“ Und daher ist der CSD nicht nur Anlaufpunkt für die queere Community im ländlichen Raum, sondern einfach ein Fest für alle, die für gleiche Rechte, Toleranz und Vielfalt einstehen.
Die Entwicklung sei leider nicht gut, sagt Pelikan: „Trump greift queere Rechte immer stärker an, Orban verbietet in Budapest den CSD und Klöckner die Regenbogenfahne auf dem Bundestag.“ Dass für Hass und Hetze längst alle Türen geöffnet wurden, kann auch Dragqueen Fiona Fabulous bestätigen: „Früher habe ich vier bis fünf Hasskommentare in der Woche bekommen, inzwischen sind es 50 bis 60. Der Ton wird immer schlimmer. Ich habe auch schon Dinge zur Anzeige gebracht.“
Zum Glück ist der Hass dem Neukirchen-Vluyner CSD bisher ferngeblieben. Denn obwohl es im vergangenen Jahr im Vorfeld widerlichste Anfeindungen gegeben hatte, blieb die Veranstaltung friedlich und ohne Zwischenfälle. Trotzdem wird es auch in diesem Jahr Ordner geben, an die sich Teilnehmende wenden können, wenn sie sich unsicher oder bedroht fühlen. Da es sich um eine angemeldete Demonstration handelt, wird auch die Polizei begleiten und z.B. alle Seitenstraßen absperren, sobald die Parade vorbeizieht. „So wollen wir ein Safe Space für alle Menschen werden“, sagt Pelikan. Und wer das nicht will, bleibt halt zuhause!
Die Sparkasse am Niederrhein ist seit Tag 1 als Sponsor dabei und hat dieses Jahr die Förderung erhöht: „Als Sparkasse stehen wir für Vielfalt und Toleranz. Der CSD passt also gut zu uns“, erklärt Bernd Zibell in seiner Funktion als Vorstandsmitglied. Als Privatperson, die aus Köln kommt, sieht er allerdings auch, dass der ländliche Raum seiner Heimatstadt noch deutlich hinterherhinkt und gibt mit einem Augenzwinkern vor: „In zehn Jahren erwarte ich hier 100.000 Menschen.“ Zum ersten Mal als Sponsor dabei ist Minrath. „Wir müssen Werte verteidigen, die gewaltig unter Druck geraten und wir haben eine Verantwortung für gesellschaftliche und kulturelle Förderung“, erklärt Mirko Woischnik die Beweggründe des Autohauses, das auch direkt mit einem Festwagen teilnehmen wird. Weitere Unterstützer: Enni, Awo, Baummanufaktur, Alinas Gourmetwerkstatt, Die Linke Moers/Neukirchen-Vluyn und die SPD Neukirchen-Vluyn.
Wer eine Fußgruppe, einen Festwagen oder einen Infostand anmelden möchte, meldet sich per Mail an ov@gruene-nv.de. Mitlaufen kann man aber auch ohne Voranmeldung.
