Ehrenamt Mitfahrgelegenheit Daumen raus gibt‘s jetzt als Schild

Kamp-Lintfort · In Hoerstgen wurde jetzt eine Mitfahrhaltestelle eröffnet. Zur Einweihung nahm Bürgermeister Christoph Landscheidt die älteste Bewohnerin des Dorfes mit.

Christa Buyken und ihre „Mitfahrgelegenheit“, Bürgermeister Christoph Landscheidt, an der neuen Mitfahrhaltestelle.

Foto: tw

Wer auf der Dorfstraße nach Hoerstgen reinfährt und der abbiegenden Vorfahrt in die Hoerstgener Straße folgt, sollte die Kurve künftig noch etwas langsamer nehmen als ohnehin geboten: Vorm Wartehäuschen der Bushaltestelle steht dort jetzt ein zweites Haltestellenschild. Was früher Trampen war, kommt jetzt offiziell als Daumen raus daher, oben deutlich sichtbar als Schildzeichen, auf der Tafel darunter als höhenverstellbarer Zeiger, wo’s denn hingehen soll. 50 Jahre Kommunalreform und Eingemeindung hin oder her, Hoerstgen gehört zwar zu Kamp-Lintfort, Hoerstgener fahren aber nach wie vor nach Kamp-Lintfort, das deshalb ganz oben auf der Tafel steht. Auch Dachsberg mit dem dortigen Friedhof ist ein Ziel für viele, wie eine Umfrage unter Hoerstgenern ergeben hat. Nach Sevelen geht’s zum Einkaufen, nach Neukirchen, Vluyn oder Issum muss man nicht auf einen Bus warten. Sondern auf freundliche Autofahrer, die freundliche Mitmenschen gerne mitnehmen.

Christa Buyken ist so ein freundlicher Mitmensch, die sich fürs Einweihungsfoto bzw. ihrem Schwiegersohn Andreas Böckler zuliebe an die Mitfahrhaltestelle stellt. Böckler engagiert sich in der Freien evangelischen Gemeinde Hoerstgen, die den Antrag für die Haltestelle über das Förderprogramm „2000 x 1000 Euro für das Ehrenamt“ gestellt und das Geld bewilligt bekommen hat.

Christa Buyken hat zwar einen Führerschein, ist aber schon 97 Jahre alt und hat deshalb jedes Recht, gefahren zu werden. Also hält der Wagen von Kamp-Lintforts Bürgermeister Christoph Landscheidt an der Mitfahrhaltestelle und nimmt, wie verabredet, die fröhliche Seniorin mit ins Café.

„Seitens des Bürgermeisters beziehungsweise der Stadt gab es keinerlei Hürden“, berichtet Andreas Böckler, „im Gegenteil“. Landscheidt sei sofort begeistert gewesen von der Idee. Mitarbeiter des städtischen Servicebetriebs ASK stellten das Schild auf.

Und die Freie evangelische Gemeinde bietet über ihre App quasi die digitale Mitfahrbank an. Wer zu einem der Ziele auf dem Schild mitgenommen werden möchte, kann sich einmalig registrieren und dann seinen Fahrtwunsch angeben. Und wer weiß, dass er morgen nach Kamp-Lintfort oder Vluyn fährt, kann das ebenfalls angeben und sich so mit Mitfahrern verabreden. 250 Personen sind bereits in der App registriert; zu finden ist sie unter https://feg.hoerstgen.just.social

Öffentlicher Nahverkehr „ist auf dem Dorf nicht unbedingt das Optimum“, sagt Böckler. Die Mitfahrhaltestelle sei deshalb eine Möglichkeit, um Menschen mit weniger Mobilität eine soziale Teilhabe zu ermöglichen. Wo die Mobilität für Menschen eingeschränkt ist, biete die Mitfahrbank Mobilität für Einkaufsmöglichkeiten, Fahrten zu Apotheken, Ärzten, Ämtern, Schulen oder eben ins Café. Was jetzt noch fehlt, sind vergleichbare Haltestellen an den sechs Zielorten für die Rückfahrt ...

Die 97-jährige Christa Buyken freute sich am Ende jedenfalls sehr über die prominente Mitfahrgelegenheit, ist beinah wunschlos glücklich: „Nur beim nächsten Mal würde ich mich über eine Sitzheizung freuen.“

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