Mindestens 35 Millionen benötigt. Gespräche mit Trägern und Kreis. Hohes Defizit in 2014 Die Sparkasse braucht dringend Hilfe

DINSLAKEN · Die Lage ist ernst. So ernst, dass die Sparkasse Dinslaken-Voerde-Hünxe sie nicht mehr alleine bewältigt bekommt. Satte 35 Millionen Euro benötigt das Geldinstitut, um auch in der Zukunft geschäftsfähig zu bleiben.

Mindestens.


Zum Hintergrund: Die Regularien für Banken in der Europäischen Union sind in den vergangenen Jahren stets gestiegen. Im Zentrum steht die Eigenkapitalanforderung. Vergibt eine Bank einen Kredit über 100 Euro, muss sie hierfür 8 Euro Eigenkapital nachweisen. Dieser Wert wird bis 2019 noch weiter steigen. Und hier liegt das Problem. Denn die Geschäfte der Sparkasse hier vor Ort laufen seit Jahren schlecht. So schlecht, dass der Eigenkapitalanteil des Instituts den hohen Anforderungen nicht mehr gerecht wird. Um weiter geschäftsfähig zu bleiben, muss frisches Geld her. Und zwar schnell. Aus eigener Kraft kann die Sparkasse die Eigenkapitalanforderungen nicht mehr stemmen. Dafür laufen die Geschäfte aufgrund der gesamtwirtschaftlichen Rahmenbedingungen und des seit langem historisch niedrigen Zinsniveaus zu schlecht. Das Geschäftsjahr 2014 wird die Bank mit einem "hohen einstelligen Fehlbetrag irgendwo zwischen 7 und 9 Millionen Euro", so Sparkassen-Chef Rolf Wagner, abschließen. Das liegt an der schlechten Ertragslage. Das liegt aber auch am strikten Konsolidierungskurs, den Rolf Wagner und Ralf Salewski der Sparkasse verordnet haben.
In die Bresche springen sollen nun in erster Instanz die Trägerkommunen Dinslaken, Voerde und Hünxe. Nur, eine realistische Betrachtung vorausgesetzt: Das werden sie kaum stemmen können.

Alleine Dinslaken müsste rund 20 Millionen Euro in den Rettungstopf packen. Mal davon ab, dass das klamme Voerde sicher nicht in der Lage sein wird, 10,5 Millionen Euro an Hilfsmitteln aufzubringen.

Das bestätigte nun auch Voerdes Bürgermeister Dirk Haarmann, der nochmals betonte, dass Voerde, das gerade damit beschäftigt ist, überhaupt einen genehmigungsfähigen Haushalt auf die Beine zu stellen, der limitierende Faktor bei diesen Gedankenspielen sei. "Das wird von uns nicht zu stemmen sein. Wir müssen erstmal selber unsere Hausaufgaben machen und noch rund drei Millionen Euro konsolidieren." Sprich: Die drei Bürgermeister Michael Heidinger, Hermann Hansen und Dirk Haarmann wollen die Kapitalerhöhung nicht per se ausschließen, wollen sehen, was machbar ist und wie viel Geld von den drei Kommunen in den Topf gepackt werden kann. Und da kommt der Kreis ins Spiel. Der soll nun laut Wagner und Salewski und den drei Bürgermeistern als Retter mit ins Boot geholt werden.

Dass das nicht so einfach wird, und dass sich die Begeisterung in den Kreiskommunen, selbst wenn eine solche Idee im Kreistag eine Mehrheit bekommen sollte, in engen Grenzen halten wird, ist allen Beteiligten klar. Die Gespräche auf Kreisebene, so Wagner, laufen bereits. Die Chancen, dass man zu einer gütlichen Einigung kommen könnte, beziffert der Sparkassen-Chef "auf über 50 Prozent". Dinslakens Bürgermeister betonte nochmal, dass man ganz genau hinschauen werde. "Wir müssen sehen, was das Ganze im Endeffekt kostet und ob wir bereit sind, diesen Preis zu zahlen."

Eine weitere, wenn auch natürlich überhaupt nicht gewollte, Alternative lautet Fusion. Nur welcher der benachbarten Sparkassen will sich den Patienten Dinslaken-Voerde-Hünxe ans Bein binden? Fakt ist, dass auch hier die Gespräche längst laufen. "Das müssen sie ja auch. Alles andere wäre ja verantwortungslos", betont Michael Heidinger. Fakt ist aber auch, dass eine Sparkasse Dinslaken-Voerde-Hünxe als Anhängsel einer Sparkasse Duisburg ihren Status als starker Partner der Region sicherlich in Teilen einbüßen würde. Von 640.000 Euro Spenden und Sponsoring vor Ort wird man dann nur noch träumen können.

Eine der zentralen Fragen bleibt: Wie konnte es soweit kommen? Zumal die Zahlen der Rheinischen Sparkassen fast durchweg sehr gut sind. Hierbei kommt die Politik der Kreditvergabe in der Vergangenheit ins Spiel. Denn hier sind in Dinslaken offensichtlich gravierende Fehler gemacht worden. Rolf Wagner hält sich angenehm zurück, wenn es um Schuldzuweisungen an seine Vorgänger geht. Fakt ist aber wohl, dass erst flächendeckend nicht gedeckte Kredite, im Fachjargon spricht man von hohen Abschreibungen und Wertberichtigungen, das Schiff Sparkasse vom Kurs ab gebracht haben. Rolf Wagner wirbt für seine Sparkasse. Die werde gerade fit gemacht. Und die 35 Millionen seien eine Investition in die Zukunft. Eine Investition, mit der die Regionalität des Geldinstituts gewahrt wird. Denn auf eine Fusion, z.B mit der Sparkasse Duisburg, ist an der Friedrich-Ebert-Straße vermutlich keiner wirklich erpicht. Fakt ist auch, dass bei der Sparkasse Dinslaken-Voerde-Hünxe ganz intensiv auf die Wachstumstrategie Kreditgeschäftsexpansion gesetzt wurde. Und damit hat man sich angreifbar gemacht.

"Als die Finanzkrise 2008/2009 kam und die Zeche in Lohberg dicht gemacht hat, konnten viele Kredite nicht mehr bedient werden", sucht Hünxes Bürgermeister Hermann Hansen nach einer Erklärung. Und verweist nochmal darauf, dass ohne die Kredite der Sparkasse viele Firmen, die heute gutes Geld in Form von Gewerbesteuern an die Kommunen abführen, gar nicht hätten aufgebaut und am Leben gehalten werden können. Bei der Sparkasse, die erstmals mit dem Jahresabschluss 2010 so richtig ins Schlingern gekommnen ist, wurden und werden alle Hebel in Bewegung gesetzt, sich fit für die Zukunft, in welcher Form auch immer die sich darstellt, zu machen. So seien bereits seit 2010 Risiken in erheblichem Maße abgebaut worden.

Das Risikomanagement habe funktioniert, nur das Aufbauen der notwendigen Erträge, so Michael Heidinger, sei bei der seit Jahren anhaltenden Niedrigzinsphase zum Scheitern verurteilt. Wenn die Konsolidierung abgeschlossen sei, werde die Sparkasse auch wieder zurück geben, verspricht Rolf Wagner. Noch mehr als die 640.000 Euro, die jährlich in Form von Spenden und Sponsoring in die Region fließen. Dann würden auch wieder Gewerbesteuern an die Träger gezahlt — anders als in der Vergangenheit. Wagner: "Wir wollen sobald wie möglich wieder Steuern zahlen."

(Niederrhein Verlag GmbH)