Hunde mit Verlustängsten werden zu Dauergästen in der Tierherberge Kamp-Lintfort Die Leidtragenden sind die Tiere

Kamp-Lintfort · Es ist ein von Menschen verursachter Teufelskreis: Erst verpassen die Besitzer, ihren Hunden das Alleinbleiben beizubringen, dann geben sie die Tiere ins Tierheim, weil diese verhaltensauffällig geworden sind.

Lissy

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Für hochsensible Vierbeiner ist hier häufig Endstation.

Lukas

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"Hunde mit panischen Verlustängsten sind schwer zu vermitteln. Dabei hat das Tier an diesem Zustand keine Schuld", weiß Karin Kuhlmann, die für die Tierherberge Kamp-Lintfort im Einsatz ist. Schuld sei der Mensch. Und dass nicht nur wegen der "extremen Fälle", in denen der Hund ausgesetzt wurde oder für eine unakzeptable Zeit auf sich alleingestellt war. Es werde auch zunehmend zum Problem, dass Besitzer schlichtweg verpassen, ihrem Tier das Alleinbleiben für eine zumutbare Zeit beizubringen - mit fatalen Folgen. Denn ändern sich dann ganz plötzlich die Lebensumstände in der Familie, z.B. durch eine neue und längere Berufstätigkeit, versteht der Hund die Welt nicht mehr und kann mit Verhaltensauffälligkeiten reagieren. Trennt sich der Halter nun aufgrund dieser Auffälligkeiten von dem Tier, werden die Verlustängste noch schlimmer, da sich der Hund in seiner Angst bestätigt findet.

"Die häufigsten Abgabegründe sind Überforderung, Zeitmangel oder veränderte Lebensumstände", so Karin Kuhlmann, die immer wieder erleben muss, dass gerade Tiere mit Verlustängsten zu Dauergästen in der Tierherberge würden. In vielen Fällen könne man dem Hund das Alleinbleiben zwar noch später mit viel Geduld, Verständnis und in kleinen Schritten beibringen, doch das brauche Zeit, die viele nicht hätten: "Auch wenn es noch so tolle Vierbeiner sind, finden sich für diese kaum Hundefreunde, die ausreichend Zeit mitbringen oder eine Möglichkeit haben, sie als Bürohunde mitzunehmen. Am besten wäre hier ein Mehrgenerationenhaushalt, in dem immer jemand zu Hause ist."

In der Tierherberge Kamp-Lintfort heißen die Sorgenkinder "Lissy" und "Lukas". Die achtjährige schwarze Labbi-Mix-Hündin "Lissy" ist eine besonders arme Socke. Sie sei vermutlich mal der Familienmittelpunkt gewesen, habe dann wohl einen gravierenden Einschnitt in ihrem gewohnten Alltag erleben müssen und sei für lange Zeit auf sich alleine gestellt gewesen, vermutet man in der Tierherberge. Das habe sie nicht verkraftet und sich angewöhnt, sich im Kreis zu drehen und sich selber zu verletzen. "Diese charakterlich wunderbare Hündin muss aus ihrem Teufelskreis raus, damit sie sich nicht aufgibt", so Karin Kuhlmann. Doch auch wenn die Pflegerinnen der Tierherberge sich rührend um jeden Hund kümmern, bleibe ihnen nicht die Zeit, die "Lissy" brauche. Daher wird für sie besonders dringend ein Zuhause gesucht, wo immer einer in ihrer Nähe ist oder sie mitnehmen kann.

Der vierjährige Bracken-Rüde "Lukas" war gut vermittelt, kam aber nach einiger Zeit zurück - da auch er das Alleinbleiben nicht antrainiert bekommen hat. Dieses ansonsten "superliebe Kerlchen" müsste man unbedingt körperlich sowie mental auslasten.

Beiden Sorgenhunden dürfte die Unterstützung durch eine gewaltfreie Hundeschule guttun, weil sie durch artgerechte Beschäftigung an Selbstvertrauen gewinnen können und verstehen lernen, dass ihr Frauchen/Herrchen immer wieder zurückkommt. Ein Weg, der Geduld und Verständnis vom neuen Halter voraussetzt - aber auch ein erfolgsversprechender, der traurige Hunde wie "Lissy"und "Lukas" endlich glücklich machen kann.

Weitere Infos hat die Tierherberge Kamp Lintfort unter Tel.: 02842 / 928 3213.