Reportage: Abschluss der AOK Winterlaufserie Das Beste gibt’s zum Schluss

Duisburg · Hach, was war das schön! Am Samstag stand das Finale der AOK Winterlaufserie des ASV Duisburg auf dem Programm. Für mich sollte es zum Abschluss der Halbmarathon sein. Eine Strecke, die ich zuvor erst zwei Mal in meinem Leben gelaufen bin.

Geschafft: Fleißige, kaputte und stolze Läufer Im Zielbereich nach dem letzten Lauf der Großen Serie. Fotos(2): Volker Nagraszus

Aber, es lief super — mit perfektem Sonnenschein, schönen Eindrücken und einer persönlichen Bestzeit.

Extra-Motivation für die Läufer am Schluss: „Die Trommelköppe“ bei der Arbeit.

Es gibt diese Tage, da läuft's einfach rund. Der vergangene Samstag war so einer: Leicht nervös, aber ausgeschlafen und bester Dinge gehe ich den Tag an. "Wenn ich wüsste, dass ich heute fast 22.000 Meter rennen müsste, würde ich dieses Bett nicht verlassen", grinst mich meine Frau morgens zur Begrüßung an. Ach, ich finde die Aussicht eigentlich ganz cool, denke ich mir und mache mich ans Werk. Nach einem ziemlich obst- und müslilastigem Frühstück zwänge ich mir irgendwie fast drei Liter Wasser rein. Du sollst viel trinken — oberste Läuferdevise. Nur frage ich mich, ob die von jemandem aufgestellt wurde, der eine ähnlich nervöse Blase wie ich hat…

Wie auch immer: In Wedau angekommen, macht sich Entspannung breit. Die Sonne scheint ungetrübt vom Himmel, dazu ein kühlender Wind — die Bedingungen sind perfekt. Ich schau mir den Start der 10-Kilometer-Läufer an, quatsche ein wenig mit Friedhelm Abel vom ASV, der aber heute als Teil des Orga-Komitees natürlich andere Sorgen hat, als sich von mir vollblubbern zu lassen. Also treffe ich mich mit Sonja, meiner Leidensgenossin für den heutigen Tag. Wir schlendern ganz locker um die MSV-Arena und verabreden unsere Taktik für den Lauf. Der Plan: Den Fünf Minuten-Schnitt pro Kilometer so lange wie möglich halten. Und bei Kilometer 15 schauen wir, wie es uns geht und sehen dann weiter. Wer noch kann, soll am Ende ohne Rücksicht auf den jeweils anderen Gas geben. Sonja ist noch nie Halbmarathon gelaufen, mein letzter ist schon ganz schön lange her. Wir wissen nicht so richtig, was uns erwartet. Ich bin ein paar Mal gelaufen seit dem 15-Kilometer-Lauf vor drei Wochen — aber von einer professionellen Vorbereitung auf so eine Distanz natürlich Lichtjahre entfernt. Aber vielleicht ist das ja gerade der große Vorteil. Unsere Anspruchshaltung ist niedrig, unsere Vorfreude groß — genau so sollte es vor so einem Lauf sein, befinde ich und trabe Richtung Start.

Nach den ersten zwei Kilometern bin ich im Rhythmus. Ich merke, dass ich gut drauf bin und der Kopf frei ist. Und so bleibt Platz und Muße, sich umzuschauen und die Atmosphäre aufzusaugen. Erkenntnis 1: Die Frauen und Männer um mich herum sehen a.) gnadenlos fit aus und tragen b.) verdächtig oft T-Shirts irgendwelcher Marathonläufe und Gürtel bestückt mit Gels, Flaschen, Tuben und weiß ich was... Ich setze auf das gute Frühstück und die drei Liter Wasser. Wir durchqueren ja keine Wüste, wird schon auch ohne Powergelgürtel und Iso-Trinkschlauch irgendwie klappen, denke ich mir leise schmunzelnd. Nachdem wir beim ASC Duisburg in Richtung Süden und Sechs-Seen-Platte abbiegen, macht sich der Wind zum ersten Mal bemerkbar. Netterweise schiebt er sanft von hinten. Das tolle Frühlingswetter hat die Menschen in Scharen nach draußen getrieben — an die Strecke, an und auf die Seen, auf die Minigolfanlagen, den Klettergarten, die Kleingartenvereine entlang der Strecke. Es gibt also genug zu sehen. Und Zeit dafür habe ich ja auch reichlich. Der Nachteil: Ständig hängt einem eine Mischung aus Grill-, Waffel- und Pommesgeruch in der Nase. Und das Bild von biertrinkenden, sich am Ufer des Masurensees sonnenden Menschen ist auch ein schönes Kontrastprogramm zu der Schinderei hier.

Aber egal, das Bier muss noch warten, jetzt gilt es, das Tempo zu halten. Sonja spult musikhörend ihr Programm ab und hält mir alle drei Kilometer die Uhr hin. Da steht immer 4:58/57. Das ist gut so und macht Mut für den Rest. Ab Kilometer elf beginnen um mich herum die ersten Aussetzer. Einzelne Läufer greifen sich mit verzerrtem Gesicht an die Hüften und hoffen, dass sich die Seitenstiche gnädigerweise vom Acker machen. Ich habe größten Respekt für alle, die sich dann wieder aufraffen und das Ding zu Ende laufen. Ein Läufer, der ein Stück vor uns unterwegs war, wird wohl nicht mehr weiterlaufen. Denn sein Frühstück schwappt gerade in hohem Bogen aus seinem Mund in Richtung Büsche — armer Kerl!

Die Strecke schlängelt sich nun entlang der Regattabahn wieder in Richtung ASCD. Von dort geht's wieder Richtung Süden. "Kommt schon, nur noch eine halbe Stunde", feuern uns zwei Zuschauerinnen am 15 Kilometerschild an. Sonja und ich beschließen kurzatmig, den 5er-Schnitt durchzuziehen. Langsam werden die Beine schwer. Aber im Kopf stimmt's noch — und das ist eh das Wichtigste. Beine kann man zwingen, den Kopf nicht. Unsere Durchschnittszeit sackt leicht ab, als es zur Abschlussrunde in das Waldstück rund um den Hochseilgarten geht. Ich probiere, auf die Zähne zu beißen und mich von balancierenden Kletterern ablenken zu lassen. Ab Kilometer 18 wird's hart. Jetzt geht's nur noch um den Willen. Passend dazu kommt der Wind jetzt zwischenzeitlich von schräg vorne. Aber egal, Zähne zusammenbeißen und Gas geben. Den Rest schafft man jetzt auch noch. Ich habe noch ein paar Körner über und ziehe das Tempo an, muss dafür aber leider meine Laufpartnerin auf den letzten beiden Kilometern im Stich lassen. "Super-Zeit, ihr seid im Fünfer-Schnitt", schallt es vom Streckenrand. Also weiter, das will ich jetzt auch halten. Dann kommt das lang ersehnte Leichtathletikstadion. Ich hab's geschafft. Keine 30 Sekunden darauf kommt auch Sonja kaputt, aber strahlend ins Ziel. Gemeinsam mit ihrem Freund Hennig wird noch im Zielraum gefeiert und abgeklatscht. Meine Zeit: 1:44.55. Ich bin zufrieden und auch ein wenig stolz. Schnell nach

Hause. Das muss mit meiner Frau und meinen Freunden gefeiert werden. Mit Bier, ohne Wasser.

(Niederrhein Verlag GmbH)