Mönchengladbacher Wirtschaftsgespräche: Plädoyer für mehr Mut zum digitalen Wandel „Die KI umarmen, ohne naiv zu sein“
Mönchengladbach · Es war ein leidenschaftliches Plädoyer für mehr Mut, ein Appell an die versammelten Mönchengladbacher Unternehmerinnen und Unternehmer, mehr auf die Chancen der Digitalisierung und der Künstlichen Intelligenz (KI) zu schauen und sich von Bedenken nicht lähmen zu lassen. Claudia Nemat hielt die Keynote bei den 31. Mönchengladbacher Wirtschaftsgesprächen. Der Titel des Vortrags der Physikerin, die im Vorstand der Deutschen Telekom für das Ressort Technologie und Innovation zuständig ist, lautete: „#GermanSelbstvertrauen: Der Mittelstand im digitalen Zeitalter“.
Rund 450 Gäste waren der Einladung von Industrie- und Handelskammer (IHK) Mittlerer Niederrhein, Wirtschaftsförderungsgesellschaft Mönchengladbach (WFMG), Stadtsparkasse Mönchengladbach und Rheinischer Post in den Hugo Junkers Hangar gefolgt. Zum Start stimmten IHK-Präsident Elmar te Neues und Oberbürgermeister Felix Heinrichs im Talk mit RP-Redaktionsleiterin Denisa Richters die Gäste auf das Thema ein. „Die Digitalisierung bietet unseren Betrieben große Chancen“, so te Neues, der von seinen Erfahrungen mit der Implementierung von digitalen Prozessen in seinem Unternehmen berichtete. „Wichtig ist: Man muss die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter mitnehmen – vor allem diejenigen, die nicht so digitalaffin sind. Wenn man das richtig macht, sind großartige Erfolge möglich.“
Heinrichs berichtete über den Stand der Dinge der Digitalisierung in Mönchengladbach: „Wir haben viel geschafft, beispielsweise haben inzwischen 40 Prozent der Haushalte in der Stadt Zugang zu einem Glasfaser-Anschluss, und die nächsten Ausbaustufen sind schon geplant.“ Eine ganze Reihe von Dienstleistungen würden schon digital angeboten. „Wichtig ist, dass wir die vielfältigen Möglichkeiten noch besser kommunizieren.“ Häufig wissen die Menschen noch nicht, dass sie viele Behördengänge mittlerweile digital rund um die Uhr erledigen können.
Gas geben anstatt auf die Bremse zu treten – darum ging es bei Nemats Vortrag über die Chancen des digitalen Wandels. „KI und Digitalisierung sind keine Allheilmittel, aber sie sind sehr wertvolle Instrumente, um komplexe Aufgaben zu lösen.“ Der deutsche Mittelstand sollte „die KI umarmen, ohne naiv zu sein“. Sie appellierte an die Gäste, die Chancen mutig zu nutzen. Es gebe viele gute Gründe, heutzutage besorgt zu sein. Aber man dürfe sich davon nicht lähmen lassen, warnte die Telekom-Vorständin. Der Satz „Das haben wir immer schon so gemacht“ sei ein Innovationskiller. Nemat erklärte, dass die weltbekannte „German Angst“ endlich in „#GermanSelbstvertrauen“ verwandelt werden müsse – und bekam dafür viel Applaus vom Publikum.
„Die Welt beneidet uns um unseren starken Mittelstand, um seine Fähigkeit, schnell zu entscheiden, und seine langfristige Ausrichtung“, sagte Nemat. „Diesem Mittelstand bieten sich vielversprechende Möglichkeiten durch den digitalen Wandel.“ Die technologische Entwicklung werde sehr schnell gehen. Bis 2030 werde fast kein Arbeitsplatz mehr ohne Künstliche Intelligenz (KI) auskommen. „Einige administrative Aufgaben werden entfallen, aber neue Professionen werden entstehen“, so Nemat. „Umso wichtiger ist es, dass die Gesellschaft in permanente Aus- und Weiterbildung investiert.“
Die Managerin empfahl den Wirtschaftsvertretern, bei Neuentwicklungen auf divers aufgestellte Teams aus einerseits erfahrenen Mitarbeitenden und andererseits Menschen, die neu denken und Dinge hinterfragen, sowie auf Kooperationen mit Hochschulen und Start-ups zu setzen. „Die Kernfrage dabei ist immer: Was wird dadurch besser für die Menschen?“, erklärte Nemat und animierte die Gäste zum Schluss ihres Vortrags noch einmal: „Es gibt nichts zu fürchten, nur zu verstehen.“