Restaurierter Straßenbahn-Triebwagen 26 offiziell „in Betrieb“ genommen Kindheitserinnerungen wurden wach

Mönchengladbach · Am Montag wurde der historische Straßenbahn-Triebwagen Tw26 nach mehrjähriger, aufwendiger Restaurierung der Öffentlichkeit präsentiert. Eine neue Heimat hat er auf dem Campus der NEW-Hauptverwaltung an der Odenkirchener Straße gefunden.

Gaben den Startschuss für die offizielle Inbetriebnahme des restaurierten Straßenbahn-Triebwagens Tw 26 (v.l.): Oberbürgermeister Felix Heinrichs, Axel Ladleif vom Verein Projekt Straßenbahn Tw 26 e.V. und Thomas Bley, Vorstand der NEW AG.

Foto: Andreas Baum

Da wurden bei einigen Gästen Kindheitserinnerungen wach: „In diesem Wagen bin ich schon mit meiner Oma nach Gladbach gefahren“, erzählte Ulrich Elsen, Bezirksvorsteher Süd. „Ich kann es selber kaum glauben“, meinte Axel Ladleif, Vorsitzender des Vereins Projekt Straßenbahn Tw 26 e.V.. Nach zehn Jahren und neun Monaten habe dieses Projekt endlich einen erfreulichen Abschluss gefunden: Der letzte erhaltene Mönchengladbacher Straßenbahnwagen ist in seine Heimat zurückgekehrt. „So muss es sich anfühlen, wenn man fast elf Jahre schwanger ist und das Baby endlich zur Welt kommt. Das haben wir gut hinbekommen“, betonte Ladleif.

Der Tw26 hat eine lange Reise hinter sich und wurde in der Ostmecklenburgische Bahnwerke GmbH (OMB) aufwendig saniert. Künftig steht er als ein lebendiges Stück Stadtgeschichte für Besichtigungen, Tagungen und Veranstaltungen aller Art zur Verfügung. Ab August kann man sich hier auch offiziell standesamtlich trauen lassen. Das Catering und das Backoffice für Buchungsanfragen übernimmt der Mönchengladbacher Caterer noi! Event & Catering. Ab Sommer sind auch „Öffentlichkeitstage“ an und in der Bahn geplant, an denen interessierte Besucher sich das Fahrzeug aus der Nähe ansehen können. Die Termine hierfür gibt der Verein auf seiner Website www.Tw26.de noch bekannt.

NEW-Vorstand Thomas Bley freute sich sehr, dass der Straßenbahn-Wagen nun sicher und geschützt an der Odenkirchener Straße steht: „Das wertet unseren Campus auf.“ Besonders schön sei auch, dass Elemente aus dem alten ZOB für den „Haltepunkt“ verbaut worden seien.

Der TW26 wurde innen und außen komplett restauriert. Ab August kann man sich hier auch trauen lassen.

Foto: Andreas Baum

Geschichte der Straßenbahn in Mönchengladbach

Mönchengladbach war bis in die 1950er-Jahre der westliche Außenposten im Netz der rheinisch-westfälischen Straßenbahnen – das damals größte europäische Schienen-Nahverkehrssystem,

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Foto: Andreas Baum

das von Bonn bis Dinslaken und von Waldniel bis Unna untereinander Verbindung hatte. Dem verkehrspolitischen Zeitgeist folgend verabschiedete sich Mönchengladbach – so wie andere Städte – in den 1960er-Jahren vorzeitig vom schienengebundenen Nahverkehr.

Am 15. März 1969 schickte die Stadt ihre Straßenbahn, die 72 Jahre lang das Rückgrat des öffentlichen Personennahverkehrs in Gladbach und Rheydt war, in den Ruhestand. Das einst ausgedehnte Schienennetz reichte von Süchteln und Dülken im Norden bis nach Wickrath im Süden, sogar eine Städteverbindung nach Krefeld über Schiefbahn existierte. Noch Mitte der 1950er-Jahre beschlossen die damaligen Stadtwerke, moderne Großraum- und Gelenktriebwagen anzuschaffen, um den Wagenpark grundlegend zu modernisieren. Als erstes Fahrzeug dieser neuen Generation, die vom Düsseldorfer Hersteller Düwag entwickelt worden war, wurde der vierachsige Triebwagen 26 im April 1957 ausgeliefert. Ihm folgten fünf baugleiche Fahrzeuge.

Als Mitte der 1960er-Jahre absehbar war, dass die Straßenbahn in Mönchengladbach und Rheydt trotz aller Modernisierungsmaßnahmen keine Zukunft mehr haben würde, machte man sich auf die Suche nach Käufern für die noch jungen Fahrzeuge. Fündig wurde man u.a. in Aachen, wohin Triebwagen 26 im Oktober 1968 überführt wurde. Doch die Einsatzzeit in Aachen währte nicht lange. Auch dort standen alsbald die Zeichen auf Stilllegung. Der letzten „Elektrischen“ wurde 1973 der Strom abgeschaltet.

Da die Düwag-Fahrzeuge überaus robust konstruiert und zuverlässig im Betrieb waren, fanden sich abermals Käufer für einige Exemplare. Triebwagen 26, in Aachen mit der Betriebsnummer 1016 versehen, blieb mit seinem Verkauf an die Mainzer Straßenbahn, wo er die Nummer 210 erhielt, dem Rheinland im weitesten Sinne erhalten. Erst 1988, 31 Jahre nach Indienststellung, wurde das Fahrzeug nicht mehr Linienverkehr eingesetzt. Zunächst verblieb der Wagen im Bestand der Mainzer Straßenbahn, bevor der Verkehrsbetrieb in Aachen sich seiner schienengebundenen Vergangenheit besann und diesem auch dort wichtigen Kapitel der Nahverkehrsgeschichte ein Denkmal setzen wollte. Man erinnerte sich an Tw 26 bzw. 210 bzw. 1016 und so fand er 1993 seinen Weg zurück in die Kaiserstadt. Dort wurde er äußerlich im roten „Aachener Look“ restauriert und auf dem Busbetriebshof ausgestellt.

20 Jahre war er dort ein wahrer „Hingucker“ und wirkte dank der guten Pflege immer stets „wie aus dem Ei gepellt“. 2014 sollte der Betriebshof in Aachen umgestaltet werden. Dabei ergab sich leider keine Möglichkeit, einen neuen Stellplatz für das Fahrzeug zu integrieren. Durch einen glücklichen Zufall erfuhr der Wahl-Mönchengladbacher Axel Ladleif von den leider trüben Zukunftsaussichten für den Wagen. So entstand die Idee, dieses Stück Mönchengladbacher Stadt- und Verkehrsgeschichte wieder in die Heimatstadt zurückzuholen. Nach einigen Wochen der Vorplanung war es im September 2014 soweit. Per Tieflader ging Triebwagen 26 auf die Reise von Aachen nach Mönchengladbach, 46 Jahre nachdem er den Weg in umgekehrte Richtung angetreten hatte. Er stand zunächst wettergeschützt in einer Halle auf dem REME-Gelände. Dort wurde er allerdings 2017 durch Vandalismus schwer beschädigt. Eine sichere Unterstellung erfolgte dann in einer Halle im Monforts Quartier, von wo aus er 2018 zu den Ostmecklenburgischen Bahnwerken (OMB) in Neustrelitz transportiert wurde, um dort restauriert zu werden. Der Rücktransport nach Mönchengladbach erfolgte im November 2023. An seinem finalen Standort begannen dann die Arbeiten an der Dachkonstruktion, die Ende 2024 abgeschlossen werden konnten.