Kaisergeburt in der Frauenklinik des AKH Viersen Geburtserlebnis trotz Kaiserschnitt

Viersen · Manchmal kann der Wunsch nach einer natürlichen Geburt aus medizinischen Gründen nicht realisiert werden und ein Kaiserschnitt ist unumgänglich. Für manche Frauen bricht dann eine Welt zusammen, weil sie sich um das Geburtserlebnis „betrogen“ fühlen. Deshalb bietet die Klinik für Frauenheilkunde und Geburtshilfe des Allgemeinen Krankenhauses (AKH) Viersen als Alternative die sogenannte „Kaisergeburt“ an. Chefarzt Dr. Jens Pagels erklärt die Hintergründe und den Ablauf.

Dr. Jens Pagels, Chefarzt der Klinik für Frauenheilkunde und Geburtshilfe am AKH Viersen, mit einem Teil seines Teams.

Foto: Anja Paschen

Warum wurde die Kaisergeburt eingeführt?

Dr. Jens Pagels: Bei manchen Frauen kann die Tatsache, dass sie die Geburt nicht aus eigener Kraft schaffen dürfen und ihnen somit die Erfahrung einer natürlichen Geburt versagt bleibt, erhebliche Ängste sowie Traurigkeit und Verzweiflung schüren. Diese negativen Gefühle können ein Leben lang anhalten.

Was ist der Unterschied zum „normalen“ Kaiserschnitt?

Rein technisch gesehen, ist der Unterschied zum Kaiserschnitt klein, aber die Auswirkungen dafür umso größer. Die Vorbereitung gleicht der bei einem Routinekaiserschnitt. Doch zu gegebener Zeit wird das sterile OP-Tuch gesenkt. Der Blick auf „das Geschehen“ ist nun also frei. Dabei verdeckt der „schwangere Bauch“ die Sicht auf die dahinter liegende Bauchwunde. Blut ist also kaum zu sehen. Nun drückt und schiebt die Schwangere nach entsprechender Anleitung. Dies gelingt ihr in aller Regel so gut, dass sie ihrem Kind durch eigene Kraft auf die Welt verhilft. Der Arzt begleitet und unterstützt die Geburt lediglich, indem er die Richtung vorgibt. Das Baby gleitet, wie auf einer Rutschbahn, über die Handfläche des Arztes auf die Welt. Selbstverständlich gibt es immer die Möglichkeit einzugreifen und zu steuern, wenn es Probleme geben sollte.

Darf die Mutter anschließend ihr Kind sofort zu sich nehmen?

Wie nach einer natürlichen Geburt wird das Neugeborene sofort auf die Brust der Mutter gelegt. Im Normalfall weicht die Mutter ihrem Kind dann nicht mehr von der Seite. Sogar das Durchtrennen der Nabelschnur, kann die Mutter - oder der Vater - selbst durchführen. Mit einer sterilen Schere erfolgt die Durchtrennung an bezeichneter Stelle und es ist geschafft. Das Baby ist da. Der Verschluss der Bauchwunde geht nun meist im Strudel des Glücks völlig unter.

Wie empfinden die Eltern den Unterschied zwischen Kaiserschnitt und Kaisergeburt?

Nach unseren Erfahrungen im AKH Viersen kann die Kaisergeburt das gewünschte natürliche Geburtserlebnis zwar nicht ersetzen, dennoch entsteht das Gefühl der Befähigung und Ermächtigung bei der Mutter, was sehr wichtig ist. Das Geburtserlebnis ist viel stärker und Persönlicher, als bei einem normalen Kaiserschnitt. Wir sind stolz, eine Alternative anbieten zu können.

Wird der Kaiserschnitt damit überflüssig?

Nein, es wird immer Situationen geben, in denen ein Kaiserschnitt unumgänglich ist. Das gilt vor allem bei Risikofällen, wie Frühgeburt, Krankheiten der Mutter oder des Ungeborenen, Kindslage oder die extreme Angst der Mutter vor der Geburt, zum Beispiel, weil eine frühere Geburt sehr belastend war. Nach entsprechender Beratung kann man individuelle Bedürfnisse und Vorgehensweisen mit den Frauen besprechen und diese anpassen.