Krefelds Apotheker in großer Sorge Mangel an Medikamenten

Krefeld · In Krefelder Apotheken kommt es immer öfter zu Unmut von Patienten. Fehlende Medikamente und lange Wartezeiten werden moniert. Die Gründe dafür liegen aber nicht bei den Apothekern.

Besuch in der Apotheke: Die Sprecherin der Krefelder Apotheker, Mareile Schlebes, und der Vorsitzende des Apothekerverbandes Linker Niederrhein, Dr. Wolfgang Boventer (r.), empfangen den Krefelder Bundestagsabgeordneten Ansgar Heveling (CDU) zum Gedankenaustausch. Foto: Müller

Foto: Müller

„Ihr Medikament ist leider nicht lieferbar“. Diese Auskunft bekommen immer mehr Patienten in den deutschen Apotheken. „Gut 400 Arzneimittel sind derzeit nicht verfügbar“, bestätigt Dr. Wolfgang Boventer, Apotheker in Krefeld und Vorsitzender des Apothekerverbandes Linker Niederrhein. Betroffen sind Medikamente, die rund 20-30 Prozent der üblichen Nachfrage ausmachen.

„Schnell wirksames Insulin gibt es derzeit nicht“, konkretisiert Mareile Schlebes, Sprecherin der Krefelder Apotheker. Engpässe bestünden auch bei Husten- und Erkältungssäften, desgleichen bei Augentropfen, Blutdrucksenkern und Diabetesbedarf. Ebenfalls seien Antibiotika bei Scharlach nicht verfügbar.

Den Grund für die Knappheit sieht Dr. Boventer vor allem in den staatlich festgesetzten Preisen: „Die sind seit 19 Jahren unverändert.“ Die Märkte haben sich seitdem aber deutlich verschoben. Energieknappheit, Inflation und sonstige gestiegene Kosten ließen es für Hersteller zunehmend unattraktiv werden, ihre Produkte ins preislich gedämmte Deutschland zu liefern. Sie lieferten lieber in Länder, in denen mehr bezahlt wird.

Da der Staat nach Meinung des Apothekerverbandes das Haupthemmnis bei einer leistungsgerechten Vergütung ist, luden Dr. Boventer und Mareile Schlebes  Krefelder Bundestagsabgeordnete  zum Gespräch ein. Kürzlich kam Otto Fricke (FDP) und diese Woche Ansgar Heveling (CDU). 

„Mein Großvater und meine Eltern waren selbst Apotheker“, bekannte Ansgar Heveling. Im Bundestag sei er zwar nicht mit dem Gesundheitsressort befasst, spreche die Fachkollegen aber gerne auf die gehörten Sorgen der Apotheker an.

„Es macht uns Angst, dass die Arzneimittelversorgung gefährdet ist“, unterstrich Dr. Boventer im Gespräch mit dem Politiker die Dramatik der Situation. Sie werde durch die Unterbrechung von Lieferketten aus dem Ausland noch verschärft. Schließlich würden 70 Prozent der Arzneien mittlerweile in China und Indien hergestellt. „Das ist ein langfristiges Problem“, mahnte der Apotheker.

Überdies sprach er auch die Bürokratie an, die es den Apothekern schwer mache, im Sinne der Patienten flexibel zu reagieren.

Sein Beispiel: Wenn der Arzt ein Medikament mit einem Wirkstoff von 16 mg verschreibe, aber das Medikament  nur mit 8 mg verfügbar sei, dann dürfe der Apotheker nicht einfach zweimal 8 mg ausgeben. Zunächst müsse er den Arzt anrufen, der vielfach schwer erreichbar ist, und die Medikamentenausgabe mit ihm absprechen. 

„Man muss uns mehr Spielraum geben“, empörte sich Dr. Boventer. Schließlich gründe sich die Kompetenz der Apotheker auf einem anspruchsvollen Pharmaziestudium. In der Corona-Pandemie war die freiere Abgabekompetenz erlaubt. „Das hat sich bewährt“, sagt Dr. Boventer, „wir möchten dies nun als Gesetz haben.“ Ansonsten müssten sich die  Patienten auf lange Wartezeiten einstellen. 

Noch weitere bürokratische Hemmnisse sprachen Schlebes und Dr. Boventer an. Nicht zuletzt klagten sie über die geringe Honorierung der Apotheker selbst. Sie verdienten sogar an teuren Medikamenten nur sehr wenig. Rund 500 Apotheken in Deutschland hätten bereits aufgeben müssen.

Am heutigen Mittwoch nun verkündete das Bundesgesundheitsministerium erste Abhilfsmaßnahmen gegen den Medikamentenmangel. Demnach werde es Herstellern erlaubt, Preise für bestimmte Medikamente zu erhöhen. Zudem möchte das Ministerium anregen, Produktionen aus dem Ausland zurück nach Deutschland zu holen.