Bomberdröhnen über dem Luftschutzkeller

Krefeld · Mit Videos, Telefonstimmen und Geräuschkulissen wurde die Krefelder NS-Ausstellung modernisiert.

Fast ein Zwiegespräch: Ausstellungsleiterin Dr. Ingrid Schupetta lauscht dem Schauspieler Alexander Steindorf, der per Video-Projektion aus den Tagebüchern Krefelder Juden vorträgt.

Foto: Müller

Im ersten Moment glaubt man fast an eine Geistererscheinung:

Ein bärtiger Mann im weißen Hemd tritt aus der geschlossenen Tür und schaut sich stumm im Raum um.

Natürlich handelt es sich um eine Video-Projektion auf der weißen Fläche der Innentür. Der Schauspieler Alexander Steindorf wurde von den Multimedia-Experten des Landschaftsverbandes Rheinland dabei aufgenommen, wie er aus den Tagebüchern Krefelder Juden vorliest, die das Novemberpogrom im Jahre 1938 erlitten haben.

Der Raum in der Villa Merländer an der Friedrich-Ebert-Straße 42, dem Krefelder NS-Dokumentationszentrum, ist thematisch dem Novemberpogrom gewidmet. Informierten sich die Besucher bisher anhand von Fotos und Erklärungstafeln über das Grauen der Nazi-Zeit, sorgt die Video-Projektion jetzt für eine „lebendige“ akustische und optische Ergänzung.

„Damit sprechen wir besonders die Wahrnehmungsgewohnheiten der jungen Generation an“, erläutert Dr. Ingrid Schupetta, die Leiterin der Dokumentationsstelle. Denn die jungen Besucher bilden eine wichtige Zielgruppe des Hauses. „Dies ist ein außerschulischer Lernort“, unterstreicht Schuldezernent Gregor Micus.

Nicht zuletzt deshalb hat die Stadt die Ausstellung in den letzten Jahren nach und nach aufgefrischt. In einer ersten Stufe wurden die Räume thematisch geordnet und mit modernen Infotafeln versehen. Jetzt ist die Multimedia-Präsentation hinzugekommen.

Dazu zählt auch ein Hörstimmen-Telefon, an dessen Hörer die Besucher die Denunziationen live miterleben können, die damals normale Bürger an die Geheime Staatspolizei (Gestapo) richteten. Die Texte sind überliefert, gesprochen werden sie von Schauspielern.

In dem Raum, der den Kriegszerstörungen gewidmet ist, läuft auf einem Tablet eine Slide-Show mit alten Fotos von den zerbombten Häusern. Starke Nerven erfordert der Besuch im nachgebauten Luftschutzkeller: dort läuft eine Geräuschkulisse, die das Anfliegen der todbringenden Bomber nachstellt.

Die Finanzierung der Multimedia-Ergänzung übernahm zum großen Teil die Kulturstiftung der Sparkasse mit einem Betrag über 15000 Euro.

Die Ausstellung ist zu folgenden Zeiten geöffnet: mittwochs 9 -- 12 Uhr sowie jeden 4. Sonntag im Monat von 14 -17 Uhr. Gruppen nach Vereinbarung.

(City Anzeigenblatt Krefeld II)