Traditionsreiche Sportart Schüppe, Kugel und Bügel
Stadt Willich · Tradition lebt auf, wenn die Mitglieder des Bossel- und Bügelclubs zu Schüppe und Kugel greifen. Was seinerzeit eine Traditionssportart war, stand im letzten Jahrhundert kurz vor ihrem Ende. Doch die Mitglieder des Willicher Bossel- und Bügelclub haben die Tradition wieder aufleben lassen und dem Sport neues Leben eingehaucht.
Mittlerweile ist der Verein über 40 Jahre alt und freut sich regelmäßig auf das Spiel. Doch das war nicht immer so, denn das Bügeln mit Schüppe und Kugel geriet lange Zeit in Vergessenheit. Dabei hat das Spiel eine jahrhundertalte Tradition, wurde vor 600 Jahren, genauer im Jahr 1331, erstmalig in Lüttich urkundlich erwähnt. Es war seinerzeit am Hofe von Königen und Adeligen ein beliebtes Spiel, selbst Papst Pius II. hatte 1438 das Bügelspiel im Konzil zu Basel kommentierend erwähnt.
Wie populär das Spiel vor allem am Niederrhein war, zeigt auch eine Schnitzgruppe im Hochaltar in der Pfarrkirche St. Maria in Kempen aus dem Jahr 1513. Popularität hatte das Bügelspiel noch bis in die 30er- Jahre des letzten Jahrhunderts, lebte nach dem zweiten Weltkrieg nur noch kurz auf und geriet dann in Vergessenheit.
Im Jahre 1979 gründete sich dann der Bossel- und Bügelclub Willich, um dieses alte Traditionsspiel wieder aufleben zu lassen. „Jeden Montag und jeden Freitag um 18 Uhr geht’s los. Dann werden die Ärmel hochgekrempelt, die Schüppen vom Haken geholt, die Kugeln platziert und der Gegner fixiert“, scherzt Janny Kock, Sozialwartin beim Willicher Club. Was sich so martialisch anhört ist dabei gar nicht so gemeint. Janny Kock dazu: „Es geht um Punkte, um Gewinnen und Verlieren. Und das in Geselligkeit und mit ganz viel Spaß.“
Mittlerweile habe sich das sportliche Bügeln am Niederrhein wieder etabliert. „Bügeln ist das Spiel der Euregio Rhein-Maas-Nord, dort gibt es heute mehr als zwanzig Bügelklubs mit eigenen Bahnen“, erklärt die Sozialwartin weiter.
Im Sommer 2001 eröffneten die Vereinsmitglieder ihre mit viel Engagement gebaute Bügelbahn, nachdem die Familie Paschertz von der Gaststätte „En de Hött“ ihnen die Fläche von acht mal 13 Metern verpachtet hatte. Seitdem wird gebügelt, was das Zeug hält.
Zum Spielen benötigt man die Bahn, den Bügel und das Geschirr. Die Bahn misst 13 x 8 Meter und besteht aus gestampftem Lehmboden der mit einem Granulat bedeckt ist. Die beiden Enden des stabilen Eisenbügels sind 28 Zentimeter voneinander entfernt fest im Boden verankert. Zum Geschirr gehören vier Kugeln, je zwei in derselben Farbe, und die etwa 50 Zentimeter langen Schüppen aus Holz. Mit den Schüppen werden die Kugeln mit viel Kraftaufwand angeschoben, damit sie recht weit laufen. „Vor 700 Jahren waren die Kugeln aus Holz, heute werden sie aus Kunststoff gefertigt und wiegen viereinhalb Kilogramm“, berichtet Janny Kock. Es können je zwei oder vier Gegner gegeneinander antreten, die dann mit je zwei oder vier Kugeln spielen. Ziel des Spiels ist es immer, möglichst schnell 30 Punkte zu erreichen. Und das funktioniert so:
1. Die eigene Kugel durch den Bügel bugsieren.
2. Die gegnerische Kugel mit der eigenen in die Rinne (dort startet das Spiel) schieben.
3. Die gegnerische Kugel von hinten durch den Bügel spielen.
4. Der Gegner schiebt- aus Versehen oder bei dem Versuch, eine besondere Taktik anzuwenden, die gegnerische Kugel von vorne durch den „Beugel“ (Eigentor).
5. Der Gegner spielt seine eigene Kugel in die Rinne.
Darüber hinaus gibt es weitere Punkte-Regeln und man merkt schnell, dass Konzentration, taktisches Denken und Geschick erforderlich ist, um gewinnen zu können. „Am schnellsten lernt man, wenn man einfach mitmacht und Spaß an der Sache hat. Bügeln ist sozusagen auch ‚die Mutter des Billards‘“, so die Sozialwartin scherzend. Nach der „Schlacht“ wird die Bahn regelmäßig mit einem Rechen gekehrt. Das ist Aufgabe des Siegers, der diesen Job mit einem triumphierenden Lächeln auf den Lippen gern erledigt.