Bundesverdienstorden für Anne Prior „Sie haben es wirklich verdient“

Dinslaken · Heute Vormittag bekam die Dinslakener Buchhändlerin Anne Prior in einem kleinen, feierlichen Rahmen im Rathaus die Ordensinsignien des Verdienstorden der Bundesrepublik von Heinrich Friedrich Heselmann, stellvertretender Landrat des Kreises Wesel, überreicht.

Anne Prior bekommt von Heinrich Friedrich Heselmann und Thomas Groß den Bundesverdienstorden überreicht.

Foto: Penzel

Der stellvertretende Bürgermeister Thomas Groß hielt eine bewegende Laudatio.

Einen Bundesverdienstorden bekommt man ja nicht alle Tage verliehen. Und so war Anne Prior, bei aller Freude über die Auszeichnung, natürlich auch ein klein wenig angespannt. Aber die Anspannung legte sich schnell. Im kleinen Kreis kamen Angehörige und Wegbegleiter der Buchhändlerin, die sich die Aufarbeitung der Schicksale Dinslakener Juden zur NS-Zeit und die Erforschung des Nationalsozialismus und seiner Handlanger in Dinslaken zur Lebensaufgabe gemacht hat, im Ratssaal des Rathauses zusammen. Anne Prior freute sich sichtlich über die Unterstützung an diesem für sie so wichtigem Tag und bedankte sich für "das Verständnis, die Geduld und die aktive Unterstützung" ihrer treuen Wegbegleiter. Während ihrer intensiven Recherchen, so Prior, befinde sie sich manchmal stunden- und tagelang "in einer anderen Welt, aus der ich auch nur ganz langsam wieder heraus komme." Ihre Arbeit sei dabei noch lange nicht getan, verspricht die Ausgezeichnete. Und verbindet das mit einem Appell: "Unterstützen Sie mich weiterhin mit Geduld und Akzeptanz bei dieser Arbeit."

Heinrich-Friedrich Heselmann betonte, dass dank der langjährigen Arbeit und Recherche, der Herzlichkeit und Menschlichkeit Priors eine Vertrauensbasis zu Angehörigen damals in Dinslaken lebender Juden geschaffen sei. "Sie haben dafür gesorgt, dass jüdische Menschen überhaupt wieder ins Land ihrer Vorfahren gekommen sind."

Einer ihrer treuen Unterstützer ist auch Thomas Groß. Der stellvertretende Bürgermeister Dinslakens ist Mitglied im Verein Stolpersteine, dem Anne Prior vorsitzt. Er hat eine ganz eigene, enge und familiäre Verknüpfung zum Thema - sein 2001 selig gesprochener Großvater Nikolaus leistet im Nazi-Deutschland erbitterten Widerstand. Und so fiel die Laudatio von Groß auch angenehm persönlich und emotional aus. Geschichte, so Groß, sei immer da. Und sie zu leugnen oder zu verdrängen keine Option. Der Orden sei eine Würdigung für die Verdienste Priors um unser Land. Eine Würdigung "ihres unermüdlichen Engagements bei der Aufarbeitung der dunkelsten Geschichte Dinslakens." Ihre Arbeit sei vergleichbar mit einer "unermüdlichen Suche nach kleinen Puzzleteilen", mit deren Hilfe man Dinslakens Geschichte verstehen könne und Licht in dieses dunkle Kapitel der Stadtgeschichte bringe. Priors Einsatz stehe seit 20 Jahren für nachhaltige Erinnerungskultur. Dabei sei der Antrieb nicht die Suche nach Schuldigen, "sondern die Suche nach Antworten."

Ihn selber und die Ordensträgerin eine der Drang nach Aufklärung der NS-Zeit. "Und uns eint der Wunsch, nie wieder Diktatur erleben zu müssen." Umso befremdlicher sei es für Groß, dass heute immer mehr "verblendete und egoistische Menschen" in Deutschland wieder anfällig für rassistische und antisemitische Ideen seien. "Sie haben der Stadt einen großen Dienst erwiesen - und Sie haben es wirklich verdient. Ich kann mir keine würdigere Preisträgerin vorstellen", schloss Groß seine Laudatio.

(Niederrhein Verlag GmbH)