Turbulente Ratssitzung abgebrochen

Krefeld · Nach ständigen Störungen hat Oberbürgermeister Gregor Kathstede die Ratssitzung am Donnerstagabend nach drei Stunden abgebrochen. Die längste Zeit ging es um die Abschiebung von Adnan Harb.

Bei der Ratssitzung: Proteste gegen die Abschiebung von Adnan Harb.

Foto: jps

Es ist eine tragische Geschichte, die viele Krefelder berührt: Der Familienvater Adnan Harb wurde am Freitagmorgen nach 30 Jahren in Krefeld in die Türkei abgeschoben. Seinen hier voll integrierten Kindern und der Ehefrau droht das gleiche Schicksal.

Die Rechtslage ist laut Verwaltung eindeutig: Harbs vom OB einmal verlängerte Duldung ist abgelaufen. Sein Asylantrag ist lange abgelehnt, seine Abschiebung gerichtlich bestätigt. Dem Ratschlag der Verwaltung, sich und seiner Familie türkische Papiere ausstellen zu lassen, folgte er nicht. Vom Innenminister, an den sich der OB gewandt hat, ist keine Hilfe zu erwarten. Eine Anordnung der weiteren Duldung wäre nach Aussage von Kämmerer Ulrich Cyprian „ein Amtsvergehen“.

Eine Mehrheit aus SPD. Grünen, FDP, Linke, UWG, Partei und Piraten forderte den OB auf, Harb trotz allem einen Aufenthaltstitel zu gewähren.

Harb kann auf große Solidarität zählen. Mehr als hundert Bürger demonstrierten auf dem Theaterplatz und später bei der Ratssitzung für das Bleiberecht des (nach eigenen Angaben) libanesischstämmigen Kurden. Immer wieder kam es aus ihren Reihen zu Störungen und Zwischenrufen - einzelne übel beleidigend gegen den OB. Die Familie hoffte bis zuletzt auf Hilfe: Mit Tränen in den Augen standen Ehefrau und Kinder in einer Sitzungsunterbrechung vor dem Tisch des OB.

Gregor Kathstede gab daraufhin eine längere persönliche Erklärung ab und betonte, dass ihn Harbs Schicksal bewege. In der Verwaltungsspitze habe man „rauf und runter beraten“, was man tun könne. Das Ergebnis sei, dass es für die Verwaltung „keinen Handlungsspielraum gebe“. Als die Zwischenrufe nach Ende der Debatte weitergingen, entschied Kathstede, die Sitzung abzubrechen.

Zuvor hatten die Parteien das Wort: Krefelds SPD-Chef Frank Meyer fragte, wieso Harbs Brüder in anderen Städten als libanesische Bürgerkriegs-Flüchtlinge anerkannt seien, Krefeld ihn aber als Türken abschieben wolle. Der Umgang der Verwaltung mit Harb ist für Meyer „geeignet, den Ruf und das Ansehen dieser Stadt schwer zu beeinträchtigen“- Er endete mit den Worten „Adnan Harb ist Krefelder und einer von uns!“ Die Zuschauer applaudierten.

Grünen-Ratsherr Thorsten Hansen bezweifelt, dass die türkische Vertretung Harb wirklich Papiere ausgestellt hätte. Als Kurde könne er dort nicht auf all zu viel Sympathie hoffen. Stephan Hagemes (Linkspartei) zog das Fazit: „Das Handeln der Verwaltung muss mit dem Gebot der Menschenwürde vereinbar sein“

Andreas Drabben (UWG-Chef) forderte den OB auf: „Handeln Sie, aber machen Sie es sofort!“

CDU-Fraktionschef Philibert Reuters hob hervor, wie sehr der Fall OB und Mitarbeitern des Ausländeramts „an die Nieren geht“. Das Vorgehen der Behörde entspreche aber nun einmal den gesetzlichen Vorgaben: Reuters: „Rechtlich gesehen bleibt keine Alternative“.

(City Anzeigenblatt Krefeld II)