Schöne Stimmen in virtueller Video-Welt

Krefeld · Die Inszenierung der Rossini-Oper „Barbier von Sevilla“ am Stadttheater geriet zum Triumph. Das lag an den Stimmen, aber auch an der außergewöhnlichen Machart.

Geteilter Bühnenraum: Unten agieren die Sänger leibhaftig und hautnah, oben erscheinen sie per Videotechnik in laufende Filmbilder eingeblendet. Der Zuschauer mag sich aussuchen, wohin er sein Auge richten will oder ob es hin und herspringen soll.

Foto: Stutte

Das Opernglas können die Zuschauer getrost zu Hause lassen. Auch braucht niemand im Parkett Sorge zu haben, wegen eines hoch gewachsenen Vordermannes schlecht sehen zu können.

Denn Regisseur Kobie van Rensburg hat die obere Hälfte des Bühnenraumes mit einer Kinoleinwand versehen, auf der die Sänger und die Kulissen in Nahaufnahme eingeblendet werden. Zudem hat er die Video-Szenen mit allerlei Allotria angereichert: Da werden Figaro und der Graf Almaviva beim Fensterln am Haus der Geliebten fast vom Sturm davongefegt oder der Graf rast liebestoll in einem schnittigen Sportwagen durch die Straßen der Stadt.

Die Puristen im Publikum werden lieber auf die untere Hälfte des Bühnenraums blicken. Dort agieren die Sänger leibhaftig; und zwar ohne Kulisse.

In dieser Form der Video-Überblendung sieht Kobie van Rensburg die Zukunft der Opernregie. Und in der Tat: Der Abend ist außergewöhnlich unterhaltsam. Die bewegten Bilder sprühen nur so vor Einfällen, Farbe und Ironie. Das Publikum bekommt viel zu lachen. Es kann der Geschichte auch bequem folgen, da die gesungenen italienischen Texte in deutscher Übersetzung ins Bild eingeblendet werden; dazu noch in schnodderiger Gegenwartssprache.

Dennoch stellt sich auf Dauer eine Reizüberflutung ein. Auch stellt sich die grundsätzliche Frage, was das Theater eigentlich gewinnt, wenn es sich der Filmkunst bedient. Der Markenkern von Theater ist die Unmittelbarkeit des Bühnengeschehens. Hebt es den Unterschied zum Kino auf, dann schafft es sich selber ab.

Zum Glück steht bei der Oper immer noch die Musik im Vordergrund. Und sie wurde von der bezaubernden Sophie Witte als umschwärmte Rosina und dem südafrikanischen Gasttenor Levy Sekgapane als liebeshungriger Graf Almaviva hervorragend vertreten. Szenenapplaus und Bravo-Rufe nach den Arien waren keine Seltenheit.

Wegen der Videoübertragung auf die Großbildleinwand mussten die Sänger zudem Schauspielleistungen erbringen. Diese Herausforderung meisterten sie ebenfalls mit Bravour. Das gilt nicht zuletzt für die auch stimmlich starken Rafael Bruck als eitler Figaro und Hayk Dèinyan als geldgieriger Dr. Bartolo.

Das Premierenpublikum belohnte ihre und des Orchesters Leistungen mit rasendem Applaus, der gar nicht mehr enden wollte. Ein gut Teil der Begeisterung galt auch Regisseur van Rensburg, der dem voll besetzten Haus einen selten komödiantischen Abend beschert hatte.

PS. Die Vorstellung am 13. November hat eine andere Besetzung.

Weitere Vorstellungen: 13., 15. (16 Uhr) November; 19. (18 Uhr) Dezember; 13., 16. Januar; 14. Februar; 22. März. Beginn: 19.30 Uhr.

Karten an der Theaterkasse, Tel.: 02151/805-125.

(StadtSpiegel)