Dunkle Stunden allerdings gab es auch.
Der amerikanische Komiker Danny Kaye stellte einst die Frage: "Braucht ein Orchester eigentlich den Dirigenten?" Oder gestikuliert er nur die Musik, die auch ohne seine Anwesenheit erklingen würde?
Es ist müßig, den persönlichen Leistungen eines Stadtoberhauptes nachzuspüren; welche Impulse tatsächlich von ihm selbst stammen und welche er aus Stadtrat und Verwaltung "nur" transponiert hat. Die Erinnerung verknüpft mit dem Oberbürgermeister alle Errungenschaften, die in seine Amtszeit fallen und ebenso alle Pleiten, die sich in seiner Amtszeit abgespielt haben.
Daran gemessen hat Gregor Kathstede das moderne Gesicht der Stadt Krefeld auf viele Jahrzehnte hinaus geprägt.
Denn der zentrale Meilenstein seiner Ära dürfte der Verkauf des städtischen Krankenhauses an die private Helios-Gesellschaft sein. Erst hatte die Stadt noch einen Sanierer für das defizitäre Hospital bestellt. Doch bevor sich dieser so richtig eingearbeitet hatte, entschied Kathstede sich für einen Verkauf. "Jetzt ist die richtige Zeit dazu, der Markt ist in Bewegung", erkannte er damals. Es gab Widerstände. Aber heute verfügt Krefeld über ein top-modernes Krankenhaus, in das Millionen Euro investiert wurden.
Ebenso nachhaltig für das Gesicht der Stadt wirkt sich die Bautätigkeit in der Ära Kathstede aus:
Vor allem der Willy-Göldenbach-Platz vor dem Brökske hatte es Kathstede angetan. Aus dem ehemaligen Parkplatz ist heute ein kleiner Park mit Grünfläche und Sitzbänken geworden. Nur ein geringer Teil darf noch mit Autos zugestellt werden; sehr zum Leidwesen Kathstedes, der den Park lieber durchgängig gestaltet hätte.
Stolz ist der Amtsinhaber zudem auf den neuen Ostwall. 40 Jahre hatte sich auf dem ehemaligen Prachtboulevard nichts verändert. Jetzt wird der gesamte Busbahnhof an der Rheinstraße umgestaltet und erhält einen Durchgang in die Innenstadt. Die Arbeiten dauern derzeit noch an.
Ebenso wie die Sanierung des Kaiser-Wilhelm-Museums. Nimmt man die großen privaten Bau- und Umbauprojekte wie Volksbank und ehemaliges Horten-Haus hinzu, erhält die City ein deutlich moderneres Ambiente.
Und vor der OB-Wahl 2009, zu der Kathstede wieder antrat, gelang ihm ein Meisterstück: die Wiederaufrichtung des durch Sturm beschädigten Dionysius-Turms, eines der Wahrzeichen der Stadt.
Umso mehr wunderte sich der Amtsinhaber, dass die Krefelder Bürger mit seiner Person nie so richtig warm wurden. Bei der Wiederwahl 2009 wäre Kathstede um ein Haar gescheitert. Nur wenige Hundert Stimmen retteten ihm sein Amt. Maßlos war die Enttäuschung am Wahlabend.
Doch Kathstede steckte schnell weg: "Gewählt ist gewählt", sagte er damals selbstbewusst. Dennoch begann die zweite Amtszeit stolpernd. Zunächst wurde die Wahrhaftigkeit der Dionysius-Rettung angezweifelt, weil Kathstede die Gelder aus der Sparkassenstiftung locker gemacht hatte, ohne dies vor der Wahl öffentlich zu deklarieren. Dann erschütterte ein gigantischer Finanzskandal das Rathaus. Im Steueramt hatte eine derartige Unordnung geherrscht, dass Steuern bei Betrieben falsch berechnet oder gar nicht eingetrieben worden waren. Verluste in Höhe von 800.000 Euro waren die Folge. Beim Umgang mit dem Finanzskandal warfen große Teile des Stadtrates dem Oberbürgermeister und seinem damaligen Kämmerer Vertuschungen vor. Sogar Rufe nach einer Amtsenthebung Kathstedes wurden im Stadtrat laut. Letztlich gelang es Kathstede, die Wogen zu glätten. Ein bitterer Nachgeschmack blieb aber doch zurück.
In der Wirtschaftspolitik gelang hingegen manche Firmenansiedlung. Stellvertretend für viele sei nur die Netto-Zentrale genannt, die allein mehrere hundert neue Arbeitsplätze geschaffen hat. Dafür waren auf der anderen Seite auch Verluste zu verkraften, wie der Wegzug der Absatzzentrale AZ nach Kempen.
Gregor Kathstede, der studierte Romanist und Historiker, war stets als stilsicherer Kulturbürger wahrnehmbar. Nicht nur, dass er die Stadt aufgrund seiner Sprachkenntnisse im Ausland und vor allem in den Partnerstädten hervorragend repräsentieren konnte. Die Partnerschaft mit der türkischen Stadt Keyseri begann sogar in seiner Amtszeit. Er setzte sich auch für die Absicherung des Stadttheaters ein. In einer Zeit, in der immer mehr Theater aus Geldmangel ihre Sparten schließen müssen, gelang es, das Krefelder Dreispartentheater langfristig finanziell abzusichern. Kaum ein anderes Theater im Land hat eine solche Planungssicherheit wie das Krefelder - Gladbacher Gemeinschaftstheater.
Ein Lieblingskind Kathstedes ist die Krefelder Bürgerstiftung. Gleich nach seinem Amtsantritt 2004 sammelte Kathstede engagierte Bürger um sich, die bereit waren, sich für soziale und kulturelle Belange auch finanziell einzusetzen. Dieser sinnvollen Idee verdankt die Stadt wichtige Projekte, für die öffentliche Gelder nicht verfügbar wären.
2015 stellte sich Gregor Kathstede nicht mehr zur Wahl. Er verzichtete. Dabei hätte der CDU-Politiker durchaus mit einer gewichtigen Bilanz vor die Krefelder Bürger treten können.