Die Erfüllung eines Traumes
Großer Traum wird wahr: Das Niederrheintheater plant nach corona-bedingter Zwangspause das Drama „Die Möwe“ und startet mit dem Projekt in Form eines „Theaterlabors“.
Brüggen (co/red). „In Corona-Zeiten nicht die Energie, den Mut und die Zuversicht zu verlieren, ist für uns als freischaffende Künstler und als Leiter des Niederrheintheaters eine echte Herausforderung“, berichten Verena Bill und Michael Koenen vom Niederrheintheater. Umso mehr hatten die beiden kreativen Köpfe in den vergangenen Wochen der Zwangspause das Gefühl, ein positives Ziel, für ihr Theater und das mittlerweile elfköpfige Ensemble aus freien Schauspielern schaffen zu wollen.
„Unser größter Traum ist eine große Inszenierung der Komödie ’Die Möwe’ des russischen Weltautors Anton Tschechow“, erzählt Verena Bill, Schauspielerin und Regisseurin. Da insgesamt elf Schauspieler notwendig seien, hatten Bill und Koenen dieses Projekt aus finanziellen und organisatorischen Gründen immer wieder auf Eis gelegt. Doch jetzt soll der Traum Wirklichkeit werden. Und „Die Möwe“ soll Hauptstück der Niederrheinischen Theaterfestspiele 2022 zum 15-jährigen Geburtstag des Theaters werden.
Ihre Idee starteten Bill und Koenen mit einem Aufruf: „Wir schrieben Anfang Juni unter dem Titel ’Kunst gegen den Frust’ unser Ensemble an und siehe da, alle waren begeistert“, freuen sich die beiden.
In den Anfängen des Theaters hat Verena Bill das Stück bereits mit Teilnehmern des Theaterkurses „Lebendiges Spiel“ inszeniert. Diese Arbeit sei super beim Publikum angekommen. „Ich habe im Studium ein Inszenierungskonzept verfasst, das vorletzten Sommer unter anderem vom Vorsitzenden der Tschechow-Gesellschaft gelesen wurde“, ergänzt Bill. Und mit einem Gastspiel bei der Internationalen Tschechow-Woche in Badenweiler 2018 habe man ebenso Kompetenz bewiesen und Erfolg gehabt. Verena Bills Wunsch: Daran anknüpfen und das Festspielstück auch in Badenweiler bei der Tschechow-Woche 2022 zu zeigen. „Die ersten Gespräche haben bereits stattgefunden und zwei Gastspiele mit ’Die Möwe’ sind in Planung“, freut sich die Regisseurin. Außerdem schweben ihr auch Vorstellungen im Freilichtmuseum vor.
Und wie soll und kann die Theater-Arbeit in Zeiten von Corona aussehen? Michael Koenen: „Unser Projekt startet in der ungewöhnlichen Form eines Theaterlabors. Bevor die eigentlichen Proben zum Stück in 2022 beginnen, treffen wir uns mehrmals im Jahr mit dem gesamten Ensemble um gemeinsam zu improvisieren, experimentieren und trainieren.“
Verena Bill folgt in ihrer Regiearbeit dem Vorbild des russischen Regisseurs Konstantin Stanislawski, dessen Vorgehensweise auf dem ästhetischen Ideal der Kunst des Erlebens beruht. „Diese intensive Arbeit im Vorfeld hilft uns dabei, lebendige und faszinierende Charaktere zu erschaffen, um der Inszenierung eine besondere gefühlsmäßige Tiefe zu verleihen.
Wenn das „normale“ Leben dann wieder beginne, tragen die Schauspieler aber das Entwickelte schon in sich, um es weiter reifen zu lassen. Die Gruppe trifft sich dann sporadisch für „Workshoptage“ in 2020 und 2021 und arbeitet weiter.
Ab 2021 möchte das Niederrheintheater für das Projekt und 15 Jahre Niederrheintheater Förderungen beantragen. Außerdem werden zur Umsetzung auch über Crowdfunding nachgedacht.
Verena Bill: „Ich sehe dieses Projekt als Chance, etwas gegen die schlechte Stimmung (und Langeweile?) zu tun. Es langsam zu entwickeln und daran zu wachsen, bis wir eine sensationelle Arbeit abliefern.“