Arbeitsmarkt 2020 im Kreis Wesel Kurzarbeit als zentrales Thema

Niederrhein · Höhere Arbeitslosigkeit, so viel Kurzarbeit wie nie, deutlich weniger Stellenmeldungen, aber nach wie vor Fachkräftemangel - das war der Arbeitsmarkt 2020 im Kreis Wesel. Für 2021 sind die Aussichten vorsichtig optimistisch.

Foto: Statistik der Bundesagentur für Arbeit, Hochrechnung für Juli

Dass die Auswirkungen der Corona-Pandemie auf den Arbeitsmarkt im Kreis Wesel jetzt nicht die besten waren, dürfte klar sein. Auf der virtuellen Jahrespressekonferenz der Agentur für Arbeit Wesel gab’s heute die Zahlen.

Arbeitslosigkeit

Im Kreis Wesel lag die Arbeitslosigkeit im Jahresdurchschnitt 2020 bei 16.099 Personen. Das sind 10,9 % mehr als in 2019. Während in den ersten drei Monaten die Zahlen noch unter Vorjahreswert lagen, stiegen die Arbeitslosenmeldungen ab April deutlich an. Den Höchstwert gab’s mit 17.372 im August, bis Dezember fiel die Zahl wieder auf 16.214.

Ein wichtiger Indikator für die Entwicklung des Arbeitsmarktes sei hierbei die Anzahl der Zu- und Abgänge im 1. Arbeitsmarkt, erläutert Barbara Ossyra, Vorsitzende der Geschäftsführung der Arbeitsagentur Kreis Wesel. Hier sorgte der 1. Lockdown im März für die meisten Zugänge auf dem Arbeitslosenmarkt im April. Insgesamt waren 11.816 Zugänge zu verzeichnen. Das sind 538 mehr als im Vorjahr. Abgänge gab’s 8.989 (378 weniger als 2019), besonders in der Jahresmitte wäre die Aufnahmefähigkeit des Marktes sehr schlecht gewesen, analysiert die Expertin.

Stellenmarkt

„Hier haben wir einen extremen Einbruch gegenüber zum Vorjahr“, berichtet Kevin Hebink, Arbeitsvermittler im gemeinsamen Arbeitgeber-Service. Die Zahlen: Es wurden 2020 „nur“ 7.544 freie Stellen gemeldet, 2019 waren es noch 12.813. In den letzten Monaten habe sich diese Situation in kleinen Schritten verbessert, aber bis zum Niveau des Vorjahres werde es noch dauern. Die Entwicklung gelte jedoch nicht für alle Branchen. „Im Gesundheitswesen konnten wir mehr Stellenangebote verzeichnen, z.B. wurde vermehrt Fachpersonal für die Testzentren gesucht“, sagt der Arbeitsvermittler. Allerdings sei die Besetzung nicht unbedingt zu realisieren gewesen, da es einfach nicht genug Fachpersonal gebe. Auch das Handwerk und das produzierende Gewerbe führt Hebink als Beispiele für Branchen an, in denen weiterhin fleißig Leute gesucht wurden.

Fachkräftemangel

Es herrsche also weiterhin Fachkräftemangel, weshalb Qualifizierungmaßnahmen auch 2021 ein wichtiges Thema wären. „Der Bedarf an Helferstellen ist stark gesunken, dabei machen Helfer rund 50% der Arbeitsuchenden aus – bei den Stellen liegt der Anteil für Helfer aber nur bei rund 20%. Dem können wir nur mit Weiterbildungsangeboten entgegentreten. Diese müssen aber auch von den Menschen genutzt werden“, so Hebink.

Kurzarbeit

In der Spitze haben im April 20.187 Menschen in 2.887 Betrieben verkürzt gearbeitet. Damit war fast jeder 7. Beschäftigte im Kreis Wesel von Kurzarbeit betroffen. „Das sind nie dagewesene Zahlen“, ordnet Pressesprecherin Sabine Hanzen-Paprotta ein. In den folgenden Monaten ging die realisierte Kurzarbeit zurück, Ende des Jahres stieg sie wieder leicht an. Die am stärksten betroffenen Branchen: Gastronomie, Handels - und Dienstleistungsgewerbe sowie die verarbeitende Metall- und Elektroindustrie.

Der Beratungsbedarf zum Thema sei sehr hoch gewesen, von durchschnittlich 500 Anrufen von Arbeitsgebern in der Arbeitsagentur hätten sich die meisten zum Kurzarbeitergeld informiert. „Manchmal waren wir aber auch einfach nur Seelentröster“, berichtet Kevin Hebink aus seinem Beratungsalltag. Übrigens: Die Bearbeitungszeit hätte im Durchschnitt nur 4,1 Tage pro Antrag auf Kurzarbeit gedauert. Zahlreiche Nachprüfungen anhand der Schlussabrechnungen stehen jedoch noch aus, es wurde kürzlich auch eine Taskforce ins Leben gerufen, die „schwarze Schafe“ aufdecken soll.

Ausbildungsplätze

Es sei in 2020 nicht immer leicht gewesen, Arbeitgeber und Auszubildende zusammenzubringen. Die Arbeitsagentur bietet als Anreiz für Betriebe eine Ausbildungsprämie an: 2000 Euro gibt’s, wenn das Ausbildungsniveau gehalten wird, 3000 Euro, wenn mehr ausgebildet wird. 220 Anträge auf Ausbildungsprämie sind 2020 positiv beschieden worden.

Ausblick 2021

Die Agentur für Arbeit will 2021 verstärkt Qualifizierungsmaßnahmen dem Fachkräftemangel entgegensetzen. Auch die eingeschlagenen digitalen Wege sollen weiterentwickelt werden. Das persönliche Beratungsgespräch stehe zwar weiterhin an erster Stelle, aber die Pandemie habe gezeigt, dass online eine Menge möglich sei, so Barbara Ossyra. So entfalle z.B. durch das Self-Ident-Verfahren, das 7600 Personen bisher genutzt haben, die persönliche Vorstelligkeit samt Personalausweis vor Ort. Gerade für den Austausch mit Jugendlichen müssten digitale Prozesse aber noch weiter vorangetrieben werden. Da sich der Arbeitsmarkt im zweiten Halbjahr etwas erholt habe und nun „die Impfungen einen ersten Schritt zur Normalität“ bedeuten könnten, zeigt sich die Vorsitzende alles in allem „vorsichtig optimistisch“ was 2021 angeht.