„Was möglich ist, nehme ich mit“ Der Moerser bei Olympia
Moers · Wenn am 23. Juli in Tokio mit einem Jahr Verspätung die Olympischen Spiele 2020 beginnen, werden keine Zuschauer dabei sein. Nur Sportler und Betreuer haben Zutritt zu den Wettkampfstätten. Athleten aus Moers sind nicht dabei - Jörn Becker aber schon, als Physiotherapeut der tadschikischen Judomannschaft.
Im Moment bemüht sich Jörn Becker noch um einen früheren Flug: Während die Olympia-Auswahl Tadschikistans am 20 Juli anreist, ist sein Flugticket bisher erst für den 23. Juli ausgestellt.
So oder so: Nachdem er 2000 in Sydney und 2004 in Athen als Zuschauer dabei war, werden es in Tokio für Jörn Becker die ersten Olympischen Spiele in offizieller Funktion. Der Kontakt kam über den ehemaligen iranischen Weltklasse-Judoka Vahid Sarlak zustande. Der hat eine ganz eigene Geschichte hinter sich, denn immer, wenn ein Ausscheidungs- oder Finalkampf gegen einen Israeli bevorstand, musste er den vorhergehenden Kampf verlieren - kein Iraner soll gegen einen Israeli kämpfen, so ist es Gesetz in der islamistischen Diktatur. Sarlak hat sich deshalb nach Deutschland abgesetzt. Hier trainiert er den Judo-Club Mönchengladbach und hier lernte er Jörn Becker kennen, in dessen Gesundheitszentrum er arbeitet. 2019 begleitete Sarlak die tadschikische Judoauswahl zur Weltmeisterschaft nach Tokio. Mit dabei: Physiotherapeut Jörn Becker.
Es ist also nicht das erste Mal Tokio für Becker. Ohnehin weiß er noch nicht, wie viel er außerhalb der Wettkampfstätten von Japan zu sehen bekommen wird. „Was möglich ist, nehme ich mit“, sagt Becker.
Dabei ist er auf jeden Fall bei den Wettkämpfen. Direkt an der Matte heißt es auch für ihn Großkampftag, bei maximal fünf Kämpfen bis zum Finale ist zwischendurch erfahrungsgemäß viel zu tun für den Physiotherapeuten. „Das reicht vom abgebrochenen Fingernagel bis zum Knochenbruch“, sagt Becker, „ich hatte auch schon mal einen Kreuzbandriss.“
Und möglicherweise werden die Judoka nicht seine einzigen Patienten. Kampfsport wird groß geschrieben in Tadschikistan, das Land schickt auch Boxer, Taek-won-do-Kämpfer und Hammerwerfer nach Tokio. „Da sind einige berechigte Medaillenhoffnungen dabei“, so Becker, „dass ich dann auch mal bei anderen Sportarten gefragt bin, wird sich kaum vermeiden lassen.“
Darüber würde er gerne auch deutsche Sportler treffen. Alfred Gislason, den Trainer der deutschen Handballnationalmannschaft, kennt er noch von der HSG Vennikel-Rumeln-Kaldenhausen ... „Wo aber innerhalb des Olympischen Dorfes die Grenzen gezogen werden, weiß keiner so genau“, so Becker. Sportler aus anderen Mannschaften dürfen sich jdenfalls nur für 15 Minuten und nur mit zwei Meter Abstand treffen, die Bewegungen im Dorf werden mit GPS verfolgt.
„Wir sind trotzdem eine große Sportgemeinde“, freut sich Jörn Becker und zittiert das olympische Motto: „Dabei sein ist alles - ich habe jahrelang daruafhingearbeitet!“