Videokonferenz mit Kirchenvertretern Die Kirche ist nicht abgetaucht

Mönchengladbach · Die Corona-Pandemie geht ins zweite Jahr, Deutschland steht vor der dritten Welle. Dass das nicht nur wirtschaftlich verheerende Folgen hat, sondern viele Menschen an die Grenzen der psychischen und seelischen Belastbarkeit bringt, wird immer deutlicher. Wie kann die Kirche jetzt helfen – darum geht es am Mittwochabend, 24. März, in der Videokonferenz von Vertretern der Gladbacher Kirchen und Seelsorge mit Prof. Dr. Dr. Thomas Sternberg, Präsident des Zentralkomitees der deutschen Katholiken.

Was kann die Kirche in Corona-Zeiten leisten? Im Gespräch (v.o.l.n.u.r.): Prof. Dr. Dr. Thomas Sternberg, Jochen Klenner, Florian Hilgers, Ulrike Wellens, Esther Gommel-Packbier und Ingrid Beschorner.

Foto: Jochen Klenner

Es ist wieder unser Landtagsabgeordneter Jochen Klenner, der an diesem Mittwoch zum digitalen Austausch eingeladen hat. Diesmal geht es um die Kirche und ihre Rolle in der Pandemiezeit. „Glaube ist nicht nur Beiwerk“, leitet Klenner die Videokonferenz ein. „Wir merken, dass uns die Pandemie auf eine Gedulds- und Nervenprobe stellt – Hilfen für die Seele können deshalb ebenso stärken wie finanzielle Unterstützungsleistungen.“

Als prominenter Talkgast meldet sich Prof. Dr. Dr. Thomas Sternberg, Präsident des Zentralkomitees der deutschen Katholiken, zunächst zu Wort. Er erinnert an die italienische Herkunft der Wörter „Isolierung“ (v. „isola“ = Insel) und „Quarantäne“ (v. „quaranta“ = 40), die auf die Maßnahmen zur Eindämmung der Pest im 14. Jahrhundert zurückgehen. Auch damals habe man Masken getragen. „Weiter sind wir nicht gekommen, mit der Pandemie umzugehen“, sagt er und fragt: „Leben wir in einer Gesellschaft, in der Gott nicht mehr vorkommt? Hat unser Glaube nicht mehr zu bieten?“ So sei es verwunderlich gewesen, dass ganz Deutschland über die geplanten zusätzlichen Ruhe- und Feiertage an Gründonnerstag und Ostersamstag gesprochen habe, der Grund für die tatsächlichen Feiertage, nämlich das Osterfest, aber kaum eine Rolle gespielt habe.

Auch davon, dass ein gestreamter Gottesdienst auf Dauer gemeinsam erlebte Liturgie nicht ersetzen kann, spricht Sternberg. Die Kirchen seien leerer geworden, viele Menschen, vor allem ältere, hätten seit Monaten keinen Gottesdienst mehr besucht, und er frage sich: Kommen die wieder? Oder, andersrum, merken die Menschen vielleicht gerade jetzt, dass ihnen etwas gefehlt hat, und entdecken die Kirche?

Beim Thema Online-Gottesdienst stimmen ihm die Mönchengladbacher Kirchenvertreter zu. So sagt Esther Gommel-Packbier, Pfarrerin der Evangelischen Kirchengemeinde Wickrathberg: „Streaming im Internet ersetzt nicht die Atmosphäre und das Miteinander der gemeinsamen Gottesdienste. In manchen Altenheimen wo schon geimpft worden ist, konnten wir jetzt wieder kleine Gottesdienste feiern und die Menschen waren sehr glücklich.“

Aber auch sonst sei viel passiert, hält Ulrike Wellens, Pastoralreferentin im Regionalteam Mönchengladbach, fest. Zwar habe man die Heiligtumsfahrt für dieses Jahr abgesagt, doch gebe es Aktionen wie die Essensausgabe für Obdachlose, Gabenzäune und die Organisation von Fahrdiensten zu den Impfzentren. Ingrid Beschorner vom Bistum Aachen, Referentin für kirchliche Jugendarbeit in Mönchengladbach und Heinsberg, berichtet stolz davon, dass man die Jugendzentren trotz des Lockdowns als Anlaufstelle für benachteiligte Jugendliche offen gehalten habe. „Es gab viele tolle Begegnungen, auch digital“, sagt sie.

Wie sehr es jungen Menschen am Herzen liege, Gutes zu tun, und von einer Grußkartenkartenaktion, bei der rund 500 Karten mit persönlichen Worten alte, einsame, benachteiligte Mitmenschen erreichten, berichtet schließlich Florian Hilgers, Jugendbeauftragter im Regionalteam Mönchengladbach.

Prof. Sternberg zeigt sich sehr erfreut über die Aktionen in Mönchengladbach. Wenn es immer mal wieder Menschen gebe, die sagten: die Kirche sei abgetaucht, könne man nur sagen: „Das stimmt nicht!“