Über 200 neue Hinweise nach Aktenzeichen XY Der Fall Martina Möller
Neukirchen-Vluyn · Vor 34 Jahren wurde die 10-jährige Martina Möller aus Neukirchen-Vluyn auf besonders grausame Weise getötet. Bis heute konnte kein Täter ermittelt werden. Am Mittwochabend war der Fall Thema in einer Sondersendung von „Aktenzeichen XY“. Die Polizei Duisburg hofft nun auf den entscheidenden Hinweis.
Martina ist das jüngste von elf Kindern, geht in die dritte Klasse und ist oft allein unterwegs gewesen, heißt es zu Beginn des Beitrags im ZDF. Am Tag ihres Verschwindens, dem 20. Mai 1986, verlässt das Mädchen gegen 15.30 Uhr das Elternhaus an der Krefelder Straße in Neukirchen. Zu diesem Zeitpunkt ist lediglich ihr Bruder Timo da. Auf seine Fragen, wo sie hingehe und was er den Eltern sagen solle, antwortet die 10-Jährige nicht.
Als Martina, die sonst immer pünktlich nach Hause kommt, um 19.30 Uhr noch nicht zurückgekehrt ist, sucht die Familie die Gegend ab. Gegen 22.30 Uhr wird die Polizei informiert. Doch die großangelegte Suche in der Nacht bleibt ohne Ergebnis. Auch am nächsten Tag sucht die Familie weiter. Schließlich findet ihr Bruder Andreas ihre Leiche in einem Gebüsch am Weimannsweg, nahe der heutigen A40, knapp zwei Kilometer vom Elternhaus entfernt. Das Mädchen war sexuell missbraucht und stranguliert worden, das Seil ist noch um ihren Hals gezurrt und an einem Ast geknotet. Wahrscheinlich lebte Martina noch, als sie vom Täter ins Gebüsch gebracht wurde.
Die Kripo Duisburg richtet umgehend eine 30-köpfige Mordkommission ein. Zunächst gerät Martinas Bruder Andreas selbst in den Fokus der Ermittlungen, „da er genau an dieser Stelle suchte.“ Die Aussagen seiner Freunde, mit denen er am Tattag zusammen Fußball gespielt hat, entlasten ihn jedoch.
Zwei Tage später meldet sich die erste Zeugin. Eine Jugendliche namens Julia gibt an, Martina am Dienstagabend gegen 18.15, 18.30 Uhr gesehen zu haben, wie sie von einem Mann in einem grünen Auto angesprochen wurde.
Das grüne Auto ist noch weiteren Zeugen am Tattag aufgefallen. Nähere Angaben zum Wagen können allerdings nicht gemacht werden. Den Beschreibungen nach könnte es sich um einen Ford Granada, einen Opel Rekord oder einen Opel Commodore gehandelt haben.
Außerdem meldet sich eine weitere Zeugin: Petra, ein anderes Mädchen, berichtet, Martina am Dienstagnachmittag gegen 16 Uhr gesehen zu haben - mit einem Mann: „Er hatte einen Schnurrbart und sah ganz normal aus. Ich weiß nicht, ob Martina den Mann gekannt hat, er hat geredet und sie hat zugehört.“
Martina wurde demnach vor ihrer Ermordung zweimal, zu unterschiedlichen Uhrzeiten mit einem Mann mit Schnurrbart gesehen. Das aufgrund der Zeugenaussagen erstellte Phantombild zeigt einen Mann, der 1986 30 bis 40 Jahre alt gewesen sein soll, dunkle kurze Haare und einen auffälligen, buschigen Schnäuzer hatte. Er soll vermutlich hochdeutsch gesprochen haben.
Im Dezember 1986 bittet die Kripo Duisburg die Zuschauer von Aktenzeichen XY ungelöst das erste Mal um Mithilfe, doch der Fall kann nicht aufgeklärt werden. Als im Dezember 1989 ein elfjähriges Mädchen an derselben Stelle wie Martina tot aufgefunden wird, geht die Polizei zunächst davon aus, dass der Täter ein zweites Mal zugeschlagen habe. Ein 28-jähriger Mann aus Essen gesteht schließlich, das Mädchen Nicole sexuell missbraucht und erwürgt zu haben und sitzt seitdem in Haft. Die Tat an Martina hat er jedoch nicht gestanden. Es gäbe auch keine Beweise und Spuren, die ihn mit dieser Tat in Verbindung bringen würden.
Nun wurde der Fall in der Sondersendung zu sogenannten Cold Cases erneut aufbereitet. Von einem Cold Case spricht man, wenn in einem Mordfall alle Spuren abgearbeitet wurden. Im Studio ist Kriminalhauptkommissarin Sabine Wagner von der Kripo Duisburg zu Gast, sie ermittelt seit einigen Jahren ganz intensiv in dem Fall und ist zuversichtlich, auch noch nach so langer Zeit auf die Spur des Täters zu kommen: „Wir bauen tatsächlich darauf, dass diese Tat so lange zurückliegt. Es könnte Personen geben, die direkt oder indirekt, mit dieser Tat zu tun hatten, die eventuell Beihilfe geleistet haben oder denen der Täter sich anvertraut hat. All diese Straftaten im Zusammenhang mit dieser Tat sind mittlerweile verjährt und können nicht mehr verfolgt werden. Das könnte Personen ermutigen sich zu melden“, hofft die Ermittlerin. Die Wahrscheinlichkeit, dass der Täter aus Neukirchen-Vluyn oder Umgebung stamme, sei sehr hoch. Der Fundort würde Ortskenntnisse verlangen. Außerdem hätte ein überregionaler Täter Martina wahrscheinlich nicht in der Nähe ihres Wohnortes abgelegt, sondern sie weiter weggebracht, vermutet Wagner.
Nach der Sendung sind bereits zahlreiche Hinweise bei der Polizei Duisburg eingegangen, Stand Donnerstagnachmittag waren es über 200. Das sei eine ganze Menge, die nun abgearbeitet werden müsste, heißt es von der Pressestelle. Der erste Eindruck: „Da könnte etwas Brauchbares dabei sein, das die Aufklärung des Falles nach vorne bringen könnte.“