Der Mensch vor uns zählt

Hinsbeck/ Lobberich · Ein neues Jahr liegt vor uns. Besonders die Integration der Flüchtlinge wird 2016 eine der großen Aufgaben für unsere Gesellschaft sein. Wie können wir dieser Herausforderung begegnen? Der Stadt Spiegel traf die Lobberich-Hinsbecker Pfarrerin Elke Langer und die stellvertretende Vorsitzende des Presbyteriums, Christa Bohris.

Christa Bohris (links) und Pfarrerin Elke Langer: Es gibt keinen Frieden mit der Brechstange.

Foto: Uli Rentzsch

"Ich will euch trösten, wie einen seine Mutter tröstet." So steht es bei Jesaja 66,13. Diese Jahreslosung der evangelischen Kirchen soll im neuen Jahr prägend sein für die Menschen, meint Elke Langer, die seit kurzem als neue Pfarrerin für die Kirchengemeinde Hinsbeck/ Lobberich tätig ist. Trost finden also bei Gott. "Viele Menschen fühlen sich sowohl persönlich als auch politisch überfordert", sagt Elke Langer. Sei es durch eine schmerzliche Krankheit oder sei die weltpolitische Lage zu unübersichtlich — die bange Frage in Anlehnung an die Bundeskanzlerin Angela Merkel laute, ob wir das alles schaffen können. Elke Langer bringt es auf den Punkt: "Wir haben gar keine andere Chance, als es zu schaffen." Nur wie?

Politische und auch private Probleme könne man nicht mit Gewalt lösen. Auf keinen Fall. Die evangelische Kirche hat sich klar gegen eine kriegerische Auseinandersetzung jedweder Art positioniert, das gelte auch hier vor Ort.

"Das Wichtigste ist, dass wir die Menschen, die zu uns kommen, kennen lernen", sagt Christa Bohris, stellvertretende Vorsitzende des Presbyteriums. Damit meint sie vor allem das Kennenlernen-Wollen. Die Aufgabe bestehe nicht darin wegzuschauen, sondern hinzuschauen. Für die beiden Frauen kommt die Frage, wie denn die Furcht vor dem Fremden zu überwinden sei, nicht überraschend. Überraschend sind eher die Antworten. Wenn man über sein eigenes Handeln, über die Vorurteile, über die Undifferenziertheit lacht, merkt man schnell, wie unbegründet diese Angst sein kann. Außerdem sollte es helfen, den Fernseher auszuschalten. "Das Fernsehen zeigt, wie es nicht funktioniert", sagt Elke Langer. Dabei gebe es genügend Beispiele, die belegen, dass Integration keine unüberwindbare Hürde ist. Schließlich helfe auch die Zen-Meditation. Diese Methode hilft, völlig zur Ruhe zu kommen und sich in Gottes Hand zu begeben. Bildlich gesprochen könne man die Konflikte, die man in sich trägt, ausatmen. Zu Beginn des neuen Jahres wird Elke Langer Kurse zur Zen-Meditation anbieten.

Die beiden Frauen machen keinen Unterschied. Wirtschaftsflüchtling? "Da kommen Menschen zu uns, die ums pure Überleben kämpfen, die nicht wissen, wie sie am nächsten Tag ihre Nahrung bezahlen können. Was könnte christlicher sein, als zu helfen?", fragt Christa Bohris. Die Losung: Wir sehen den Mensch so an, wie er vor uns steht.

In Nettetal sind die Bemühungen beeindruckend groß, die schwierige Aufgabe der Integration von Flüchtlingen zu meistern. "Das alles ist in der Tat nicht leicht", sagt Elke Langer, "aber diese große Mühe lohnt sich." Viele Initiativen gehen mit gutem Beispiel voran. Die Pfarrerin spricht auch davon, welch großes Geschenk diese Hilfe sein kann. Im christlichen Sinne heißt das: "Da, wo ich besonders in einem Menschen in Not Gott erkenne und ihn entsprechende behandle, werde ich selbst beschenkt von Gott".

(StadtSpiegel)