Arbeitsagentur setzt Hoffnungen auf Fachkräftebedarf Jobs für Ältere bald selbstverständlich?

„Zu alt für den Job, aber zu jung für die Rente“ – was früher viele Arbeitnehmer besonders hart getroffen hat, nämlich der Jobverlust zwischen dem 50. Lebensjahr und dem Rentenbeginn, soll aufgrund des Fachkräftemangels bald kein großes Problem mehr darstellen.

Thomas Krah mit seiner Tochter und Unternehmensnachfolgerin Daniela Krah und Dr. Bettina Rademacher-Bensing (v.l.).

Foto: Michael Becker

Davon überzeugt ist zumindest Dr. Bettina Rademacher-Bensing, Vorsitzende der Geschäftsführung der Agentur für Arbeit Krefeld / Kreis Viersen: „Mehr als drei Viertel der derzeit offenen Stellen sind für Fachkräfte ausgeschrieben, nur ein Fünftel für Hilfskräfte.“ Die Unternehmen könnten es sich in den kommenden Jahren schlichtweg nicht leisten, auf die gut ausgebildeten und erfahrenen älteren Arbeitnehmer zu verzichten.

Genau hier setzen mehrere Programme an, die von der Agentur für Arbeit angeboten werden. Beispielsweise die Weiterqualifizierung im laufenden Job. So gebe es auch Zuschüsse und fachliche Unterstützung für Firmen, die ältere Arbeitslose einstellen – auch mit fachfremdem Hintergrund – und ihnen dann eine Umschulung oder Eingliederung ermöglichen. Leider gebe es immer noch zu wenige Arbeitgeber, die sich in dieser Richtung orientieren, ergänzt Dr. Bettina Rademacher-Bensing. In Krefeld verzeichne man sogar einen leichten Negativtrend, so seien hier mehr Ältere von Arbeitslosigkeit betroffen als noch vor sieben Jahren.

Dass es auch anders gehe, zeige der Kreis Viersen. „Mein persönliches Baden-Württemberg hier in der Region“, schwärmt die Chefin der Arbeitsagentur und meint die im Vergleich zur Stadt Krefeld geringen Arbeitslosenzahlen vor allem im Bereich Kempen-Grefrath-Tönisvorst (4,1 Prozent im Januar 2020; die Stadt Krefeld verzeichnete im Januar 10,2 Prozent). Gerade ältere Arbeitnehmer hätten es im Kreis Viersen deutlich leichter, wieder einen neuen Job zu finden, was natürlich auch an der großen Zahl mittelständischer und kleinerer Unternehmen liege, für die das Alter der Beschäftigten eine geringere Rolle spiele als für national und international agierende Unternehmen.

Einer, der auf die Mitarbeit Älterer baut, ist beispielsweise der Tönisvorster Unternehmer Thomas Krah. In seinem Betrieb am Maysweg, der FVT GmbH, werden Fasern für den Einsatz in der Autoindustrie (zum Beispiel für Innenauskleidungen von Kofferräumen), Pharmazie, Filtertechnik und andere Spezialanwendungen bearbeitet und veredelt. Zukunftsmarkt ist die Aufarbeitung von nachwachsenden, nachhaltigen Rohstoffen wie z.B. Hanf für die Bekleidungsindustrie. „Das Alter ist für uns längst kein ausschlaggebendes Kriterium mehr, um jemanden einzustellen“, sagt Thomas Krah. Gerade bei Älteren sei die Motivation oft deutlich höher als bei jüngeren Bewerbern. Darüber hinaus würden sie mit ihrer guten Qualifikation und jahrelanger Berufserfahrung punkten, auch wenn sie zuvor in einem völlig anderen Industriebereich tätig gewesen seien: „Das sind die wichtigen und richtigen Voraussetzungen, nicht das Alter.“

Allgemein ist die Arbeitsagentur zufrieden mit der Entwicklung auf dem Arbeitsmarkt. „Gegenüber dem Januar des Vorjahres ist die Zahl der Arbeitslosen jedoch um 291 Personen gesunken, das ist eine gute Nachricht. Wir verzeichnen somit die niedrigste Arbeitslosigkeit in einem Januar seit 27 Jahren. Weiterhin entwickelt sich dabei die Arbeitslosigkeit im Kreis Viersen deutlich positiver als in der Stadt Krefeld“, erläutert Dr. Bettina Rademacher-Bensing.

Aktuell gibt es in Krefeld und im Kreis Viersen 7.447 arbeitslose Menschen, die 50 Jahre oder älter sind (Krefeld: 4.100, Kreis Viersen: 3.347), 179 weniger als vor einem Jahr. Damit macht dieser Personenkreis einen Anteil von 35,5 Prozent an allen arbeitslosen Menschen aus.