Krebs ist eine unvergleichlich komplexe Erkrankung. Sie trifft den Menschen als Person, in seiner Gesamtheit aus Körper, Psyche und Geist. Leidet der Körper, so leidet auch die Psyche, Gefühle von Hilflosigkeit, Schock und Angst stellen sich ein. In der Situation braucht ein Patient seelische Unterstützung.
Die Psychoonkologie am Helios Klinikum wird durch ärztliche und psychologische Psychotherapeutinnen der Klinik Königshof vertreten. Sie untersucht die Auswirkungen von Krebserkrankungen auf das Leben und die Psyche von Betroffenen und Angehörigen und erarbeitet Empfehlungen zur psychotherapeutischen Betreuung.
„Wir suchen die betroffenen Patienten zeitnah während des stationären Aufenthalts auf und untersuchen im gemeinsamen Gespräch das Ausmaß der aktuellen Belastung, unterstützen bei der Verarbeitung der Diagnose und helfen dem Patienten dabei, seine psychischen Reaktionen zu verstehen, die Stimmung zu stabilisieren und sich seiner Kraftquellen wieder bewusst zu werden und diese zu nutzen“, erklärt die leitende Oberärztin und Psychiaterin Dr. Jutta Maria Scheuermann die seelische Unterstützung.
Die psychoonkologische Betreuung kann sowohl während der stationären Behandlung als auch nach der Entlassung in der Ambulanz der Klinik Königshof auf dem Helios-Gelände fortgeführt oder auch erst begonnen werden, je nach den Bedürfnissen der Betroffenen.
Die psychoonkologische Unterstützung kann in jeder Erkrankungsphase – auch von Angehörigen – genutzt werden. Ihr Ziel ist es, die Lebensqualität, Autonomie und Selbstwirksamkeit zu stärken und den betroffenen Menschen auf ihrem Weg durch die Krebsbehandlung zu begleiten – auch durch ein offenes Ohr und viel Zuspruch.
Dass sich diese auch auf den körperlichen Heilungsprozess auswirkt, ist eine Erfahrung, die Chefarzt Privatdozent Dr. Chalid Assaf, Ärztlicher Leiter des HOZ bestätigt:
„Seelische Stabilität hat einen positiven Einfluss auf Immunsystem und Durchblutung. Die psychoonkologische Begleitung öffnet den Krebspatienten auch für die medizinische Therapie und andere Angebote. Dazu gehört die Bewegungstherapie, die Patienten bei Ermüdungszuständen hilft.“
Angeleitet werden sie dabei von zwei eigens an der Sporthochschule Köln ausgebildeten Sportmedizinern, die Anfang nächsten Jahres ihre therapeutische Arbeit am HOZ aufnehmen. Ebenso leisten Ernährungstherapien und Krafttraining einen wichtigen Beitrag, um Patienten zu kräftigen und ihren Ernährungszustand zu optimieren.
Wie bewältigen Patienten die Auswirkungen onkologischer Erkrankungen und die möglichen Nebenwirkungen der eingesetzten Medikamente und Therapien?
Diese Fragen begleiten Jana-Beatrice Görgens, die Koordinatorin der Onkologischen Fachpflege, die im Helios Onkologischen Zentrum eine wichtige Lotsenfunktion übernimmt.
Denn: Krebspatienten bedürfen einer besonderen Pflege und die Pflege leistet einen ganz wichtigen Beitrag zu Heilung, Wohlbefinden und Stabilität des Patienten. „Wir sind ein Team von 13 Pflegerinnen und Pflegern mit einer zusätzlichen Fachweiterbildung.“ Die onkologischen Fachpflegekräfte haben in ihrer zweijährigen Weiterbildung eigens gelernt, die spezifischen Bedürfnisse von Krebspatienten individuell zu erkennen und gezielt vorbeugend darauf einzugehen. Durch ihre Fachkompetenz gelingt es, möglichen Nebenwirkungen entgegenzuwirken oder diese besser zu bewältigen. Mehr noch: „Da wir viele Patienten über längere Zeit pflegen, baut sich natürlich ein Vertrauensverhältnis auf, das dazu beitragen kann, einen Patienten auch seelisch aufzufangen. Das ist uns auch ganz wichtig“, beschreibt Jana-Beatrice Görgens. Dieses Vertrauensverhältnis bleibt auch bestehen, wenn ein Patient innerhalb des HOZ in einen anderen Fachbereich verlegt wird. „Der Patient behält dann in der Regel auch stationsübergreifend seine einmal vertraute onkologische Fachpflegekraft.“
Ein an Krebs erkrankter Patient benötigt auch ganz praktische Hilfestellung, die er im Patientenservicecenter (PSC) am Helios-Klinikum erhält. Gerade dann, wenn medizinische Fachinformationen, Sorgen und Ängste auf den Patienten einströmen, braucht es hinsichtlich der sozialen und rechtlichen Fragen eine klare Übersicht. Heike Kremmers, Leiterin des PSC: „Wir sind eine offene Anlaufstelle, kommen aber auch gern ans Patientenbett und beraten ebenso die Angehörigen.“ Gemeinsam mit ihrem Team unterstützt sie Patienten bei Fragen, Ansprüchen und Anträgen – etwa zur Inanspruchnahme von Rehabilitationen, zum Schwerbehindertenrecht mit den Rechten erkrankter Arbeitnehmer bezüglich des Kündigungsschutzes, zusätzlichen Urlaubstagen und steuerrechtlichen Konsequenzen. Auch Finanzhilfen aus Fonds für Härtefälle sind ein wiederkehrendes Thema. Das Patientenservicecenter beantragt im Auftrag von Patienten Leistungen bei den Sozialversicherungsträgern und vermittelt Pflegekurse für Angehörige. Ebenso klären die Mitarbeiter in Absprache mit Ärzten und Pflegern ab, ob eine Versorgung in der eigenen Wohnung gewährleistet werden kann oder ob eine Kurzzeitpflege in Anspruch genommen, vielleicht sogar eine Versorgung im Pflegeheim nötig wird. Das Spektrum der möglichen Hilfen ist vielfältig. „Da kein Patient alle Informationen auf Anhieb memorieren kann, übergeben wir alle Informationen auch noch einmal gebündelt in einer Mappe“, versichert Heike Kremmers. So geht keine Info verloren, Patienten und Angehörige erhalten in jeder Phase der Erkrankung eine bedarfsgerechte Beratung und die Mitarbeiter des Servicecenters stehen sowieso stets für alle Nachfragen bereit.
Neben der medizinischen Kompetenz sind diese psychologischen, pflegerischen und beratenden Kompetenzen ein elementarer Baustein, um den an Krebs erkrankten Menschen die Lebensqualität so gut zu erhalten, wie nur möglich.
Folge 8 der Serie: Das Helios Onkologische Zentrum (HOZ)
Kinderklinik: trotz Krebserkrankung fröhliche Stimmung
Erkrankt ein Kind an Krebs, braucht es die bestmögliche gesundheitliche Versorgung und liebevolle Begleitung sowie therapeutische und psychosoziale Unterstützung für die ganze Familie. Dies leistet das von der Deutschen Krebsgesellschaft zertifizierte Kinderonkologische Zentrum am Helios Klinikum Krefeld, das dabei von einem großen Netzwerk unterstützt wird. Der Extra-Tipp besuchte die Kinder-Krebsstation und wurde überrascht.Aus dem Spielzimmer erklingen Jauchzen und Kinderlachen. Gegenüber im Jugendraum liefern sich zwei Halbwüchsige ein heißes Match am Kicker. Super Stimmung hier. Das mag im ersten Moment verwundern. Denn wir befinden uns nicht in einem Freizeitheim, sondern in der onkologischen Abteilung des Zentrums für Kinder- und Jugendmedizin im Krefelder Helios-Klinikum. Die Kleinkinder, Kinder und Jugendlichen, die auf dieser Station behandelt werden, leiden an Krebs.
„Auf unserer Station wird immer viel gelacht“, tritt Oberärztin Dr. Nina Brauer gut gelaunt den Patienten und Besuchern entgegen. Denn Missmut hilft den jungen Kranken nicht. Im Gegenteil. In einer fröhlichen Umgebung, die von der natürlichen Leichtigkeit des Kinder- und Jugendalters geprägt ist, kommen die Kids mit ihrer schweren Krankheit viel besser zurecht. Auch der Heilungsprozess wird von einer positiven Haltung unterstützt. Den Schock, wenn die Diagnose beim Kind Krebs lautet, tragen in erster Linie die Eltern davon. Doch auch sie werden im Kinderonkologischen Zentrum psychosozial aufgefangen. „Dabei leistet der Förderverein zugunsten krebskranker Kinder unschätzbare Hilfe“, unterstreicht Helios-Sprecherin Marina Dorsch die vielen Aktivitäten des Vereins.
Einer der wertvollsten Errungenschaften des Vereins ist der Betrieb der Villa Sonnenschein, gleich vor den Toren des Helios-Klinikums. Hier können Eltern und Geschwister für die Zeit der Behandlung des kranken Kindes einziehen und wohnen. So sind sie stets in der Nähe ihres Angehörigen, der in der schweren Zeit ganz besonders der familiären Wärme bedarf. Die Kinderklinik leistet dabei jede erdenkliche Hilfe.
Die Diplom-Heilpädagogin und Psychoonkologin Barbara Stüben leitet den psychosozialen Dienst. Das Team steht den kranken Kindern und ihren Familien in vielfältiger Weise zur Seite. So hat der Dienst beispielsweise ein „Onko-Frühstück“ eingerichtet. Es wird alle zwei Wochen von Eltern und Kindern gemeinsam eingenommen. Dabei haben die Eltern ausgiebig Gelegenheit, sich untereinander auszutauschen. Nach dem ersten Brötchen verabschieden sich viele Kinder gern ins Spielzimmer, sodass die Eltern ungestört unter sich Erfahrungen austauschen können.
Auch die Ärzte tragen viel zu einer kind- und familiengerechten Atmosphäre der Klinik bei. Die altersentsprechende Aufklärung des Patienten über die Erkrankung steht zu Beginn einer jeden Behandlung. „Vor der Chemotherapie erzählen wir den kleinen Kindern von einer Fantasiefigur namens Chemokasper, der die bösen Zellen auffrisst“, berichtet Kinderonkologin Dr. Brauer. „So können wir den Kleinen die Behandlung und die damit verbundenen Nebenwirkungen erklären, zum Beispiel warum die Haare ausfallen. Der Chemokasper hat dann in seiner Gier auch gesunde Zellen mitgefressen.“
Im Rahmen der Maltherapie er- und verarbeiten die Kinder gemeinsam mit Psychoonkologin Barbara Stüben ihre Erkrankung, die Therapie und natürlich auch ihre Ängste und Sorgen. Aber nicht nur das erkrankte Kind, sondern auch die Geschwisterkinder haben die Möglichkeit, ihre Betroffenheit, ihre Ängste und Besorgnisse zu besprechen.
Natürlich bleibt die medizinische Behandlung der Kinder zentral. „Heutzutage werden viele unserer Patienten geheilt“, macht Dr. Nina Brauer Mut. Bei manchen Krankheitsbildern sind es sogar 90 Prozent, bei anderen Erkrankungen können diese hohen Erfolgsraten trotz Einsatz modernster Therapieverfahren noch nicht erreicht werden.
Die meisten an Krebs erkrankten Kinder leiden an Blutkrebs oder an Tumoren im Gehirn oder Bauchraum. Die Krankheit tritt vielfach in einer Phase auf, in der der kleine Körper sehr schnell wächst, also mit ca. drei bis sechs Jahren oder auch in der Pubertät. Fehler bei der raschen Zellteilung bringen Krebszellen hervor, die ungehindert schnell und verdrängend wachsen.
Die Krankheit macht sich durch Auffälligkeiten bemerkbar: „Kinder mit Hirntumoren etwa können oft Kopfschmerzen haben oder erbrechen sich beim morgendlichen Aufwachen noch vor dem Frühstück ohne erkennbaren Grund“, zählt Dr. Brauer einige mögliche Symptome auf, „sie haben Nackenschmerzen und machen zur Linderung ein Hohlkreuz, auch plötzliches Schielen und Lähmungen oder ein schwankender Gang können auf einen Tumor hinweisen.“
Leukämie (Blutkrebs) kann sich durch Haut- und Schleimhautblutungen, allgemeine Schlappheit, Fieber oder einen dicken Bauch bemerkbar machen. Manche betroffenen Kinder wollen nicht mehr laufen, weil sie Schmerzen in den Knochen verspüren.
Bei einem Hirntumor ist oft eine Operation unumgänglich. Dafür steht in der Kinderklinik ein eigener Kinder-Neurochirurg bereit. Der stellvertretende Leiter der Krefelder Neurochirurgie, Privatdozent Dr. Martin Weinzierl, ist auf Eingriffe in die „kleinen“ Kindergehirne spezialisiert. Bei bösartigen Tumoren schließen sich an die Operation vielfach eine Chemotherapie oder auch Strahlentherapien an; falls die Kinder in einem Alter sind, das solche Therapien möglich macht. Die Kinder erholen sich in der Regel schnell und viel besser als die Erwachsenen. Vereinzelt kommt es aber zu Beeinträchtigungen der Gehirnentwicklung.
Die Kinderklinik hat ein eigenes onkologisches Tumorboard. Dies ist eine Konferenz, auf der die Ärzte aller beteiligten Fachbereiche sowie der Psychosoziale Dienst anhand von Fallvorstellungen und Bildern von den Tumoren gemeinsam über die beste Therapie jedes Kindes beraten und die Empfehlungen in einem eigens dafür konzipierten Dokumentationssystem hinterlegen. Dieses Tumorbord ist nicht identisch mit der gleichnamigen Konferenz für erwachsene Krebspatienten des Helios Onkologischen Zentrum, kurz HOZ. Am Tumorboard der Kinderklinik nehmen die Mediziner teil, die auf Kinder und Jugendliche spezialisiert sind. Das Tumorboard war übrigens wesentliche Voraussetzung für die Zertifizierung des kinderonkologischen Zentrums durch die Deutsche Krebsgesellschaft. Auch alle medizinischen Abläufe und die psychosoziale Nachsorge wurden in die Prüfung zur Zertifizierung einbezogen. Regelmäßig wird die Einhaltung aller Prüfkriterien von unabhängigen Experten kontrolliert.
Die Nachsorge bei einem vom Krebs geheilten Kind verläuft in der Regel über zehn Jahre. In dieser Zeit wird das Kind in Abständen immer wieder untersucht. So wird sichergestellt, dass der Krebs nicht wieder auftritt; bzw. ein Wiederauftreten kann im Frühstadium bekämpft werden. Die psychologischen Unterstützungsangebote für die Familien bleiben stets bestehen.
Folge 7 der Serie: Das Helios Onkologische Zentrum (HOZ)
Tumore im Kopf-Hals-Bereich: Früh auf Symptome achten!
In Deutschland erkranken rund 16.500 Menschen pro Jahr an Krebs im Kopf-Hals-Bereich; allein in Krefeld rund 100 Patienten. Wir sprachen mit Prof. Dr. Johannes Schultz, Chefarzt der Hals-Nasen-Ohren-Klinik im Krefelder Helios Klinikum und Oberarzt Lars Stöbe über Ursachen, Diagnostik und Therapien.
Krefeld. Manche Krebsarten sind besonders teuflisch, weil die Tumore unbemerkt wachsen. „Im Hals-Nasen-Ohren-Bereich machen sich Tumore vielfach frühzeitig durch Beschwerden bemerkbar“, sensibilisiert Chefarzt Prof. Johannes Schultz die Menschen dafür, auf mögliche Symptome zu achten. „Wer solche Symptome bemerkt, sollte sie vom HNO-Arzt abklären lassen.“
Welche diese möglichen Hinweise sind, beschreibt Oberarzt und Koordinator des Kopf-Hals- Tumorzentrums Lars Stöbe: „Das können Schluckbeschwerden sein, eine länger als vier Wochen andauernde Heiserkeit, häufiges Nasenbluten, wiederkehrende Hals- oder Ohrenschmerzen, Luftnot oder auch Knoten am Hals“.
Interdisziplinäres Kopf-Hals-Tumorzentrum
Im Kopf-Hals-Tumorzentrum des Helios Klinikums wird abgeklärt, ob und – wenn ja- um welche Art von Tumor es sich handelt. „Wir führen dann eine sogenannte Staging-Untersuchung durch“, führt Oberarzt Stöbe aus. Darunter verstehen die Mediziner eine genaue Analyse des Tumors, seiner Ausdehnung und das Abklären möglicher Metastasen. Denn die Tumore im Hals-Nasen-Ohren-Bereich sind häufig aggressiv; das heißt, sie können in andere Organe streuen. Die Untersuchungen erfolgen mittels Ultraschall, den Einsatz von CT oder MRT, und falls nötig auch durch die Entnahme von Gewebeproben. Diese werden der Pathologie vorgelegt, die sich in Krefeld im eigenen Hause befindet. Dort können die Charakteristika des Tumors präzise bestimmt werden.
Tumorboard
„Die Ergebnisse der Untersuchungen bringen wir ins Tumorboard ein“, erläutert Prof. Schultz den weiteren Weg. Das Tumorboard ist eine Konferenz aller beteiligten Fachmediziner. Dazu zählen die Hals-Nasen-Ohren-Ärzte, Mund-Kiefer-Gesichtschirurgen, Onkologen, Pathologen, Radiologen und weitere Spezialisten. „Wir besprechen dort gemeinsam die beste Therapie für jeden einzelnen Patienten“, erklärt Prof. Schultz, „denn jeder Fall liegt anders und unsere Therapien sind auf den einzelnen Patienten individuell zugeschnitten.“
Zertifizierung
Das Tumorboard war ein entscheidendes Prüfkriterium dafür, dass die Deutsche Krebsgesellschaft (DKG) das Kopf-Hals-Tumorzentrum im Helios Klinikum offiziell zertifiziert hat. Zusätzlich war eine Vielzahl weiterer Kriterien zu erfüllen. Dazu zählen die Standardisierungen der Abläufe und Verfahren anhand international festgesetzter Bestimmungen. Ebenso gehören dazu die umfangreichen Maßnahmen zur Nachsorge. Regelmäßig überprüfen externe Fachmediziner, ob die Kriterien eingehalten und die qualitativen Maßstäbe erfüllt werden. Dadurch können die Patienten sicher sein, am Klinikum auf ein optimales Qualitätsniveau für die Diagnostik und Therapie zu treffen.
Individuelle Therapien
Die Möglichkeiten der Therapien, die im Tumorboard diskutiert und beschlossen werden, sind breit gefächert. Sie reichen von einem chirurgischen Eingriff, Bestrahlungen über Chemotherapien oder auch Kombinationen aus mehreren Methodiken. „Bei der Auswahl kommt es unter anderem darauf an, ob der spezielle Fall eine komplette Heilung oder eher eine Eindämmung der Erkrankung nahelegt,“ so Oberarzt Stöbe.
Lebensqualität erhalten
Prof. Schultz betont: „Wir zielen neben der Heilung des Patienten auch darauf, die Funktionen der Organe bestmöglich wiederherzustellen und ebenso zu erreichen, dass das äußere Erscheinungsbild des Patienten so wenig wie möglich beeinträchtigt wird“.
Dies ist von großer Bedeutung für das weitere Alltagsleben der behandelten Patienten. Schließlich ist der Hals-Kopf-Bereich meist prominent sichtbar. Der geheilte Patient soll sich nicht durch Narben oder andere Auffälligkeiten an Hals und Gesicht in seinem alltäglichen Auftreten eingeschränkt fühlen müssen. Noch bedeutender ist die Wiederherstellung der normalen Funktionen betroffener Organe wie Zunge, Ohr oder Nase. Sprechen, schlucken, riechen, hören und atmen sollten möglichst unbeeinträchtigt erfolgen können.
Rekonstruktive Chirurgie
Anschaulichkeit: Chefarzt Prof. Dr. Johannes Schultz (l.) und Oberarzt Lars Stöbe nutzen bei der Patientenaufklärung über Erkrankungen plastische Modelle wie auch moderne Computergrafiken.
Foto: Müller„Deshalb zielen unsere Operationen neben der Beseitigung des erkrankten Gewebes auch auf seine Rekonstruktion“, erklärt Prof. Schultz. Dazu entnehmen die Chirurgen gesundes Gewebe aus dem Umfeld oder auch aus ganz anderen Körperstellen wie Arm, Oberschenkel oder Rücken. Welche Stellen in Betracht kommen, hängt unter anderem davon ab, wieviel Gewebemasse/-qualiät der Chirurg benötigt. Durch die Methoden der Rekonstruktion ist es beispielsweise möglich, eine abgenommene Nase vollständig zu ersetzen oder auch die operierte Zunge so zu ergänzen, dass der Patient wieder verständlich sprechen kann.
Vorsorge ist möglich
Wie auch bei anderen Krebserkrankungen gilt ebenso im Hals-Nasen-Ohren-Bereich: Je früher eine Erkrankung erkannt wird, desto besser sind die Heilungschancen. Leider ist ein Drittel der Krebserkrankungen, die im Kopf-Hals-Tumorzentrum gemeldet werden, bereits im fortgeschrittenen Stadium.
Somit weisen Prof. Schultz und Oberarzt Stöbe nachdrücklich auf die Risikofaktoren hin, die nach heutigem Wissenstand Tumore im Kopf-Hals-Bereich auslösen können: „Rauchen, übermäßiger Alkoholkonsum, mangelnde Zahnhygiene und das Humane Papillomvirus.“
Impfung gegen HP-Virus
Das Humane Papillomvirus, abgekürzt HPV, wurde in den 1980er Jahren als Ursache von Krebserkrankungen erkannt. Es wurde zunächst als Auslöser für Gebärmutterhalskrebs bei Frauen identifiziert, löst nach neueren Forschungen aber auch Krebserkrankungen im Kopf-Hals-Bereich aus.
Seit 2006 gibt es einen Impfstoff gegen das HPV und Prof. Schultz rät allen Eltern dringend dazu, ihre Kinder, Mädchen ebenso wie auch Jungen, beim Kinderarzt gegen HPV impfen zu lassen. Die Impfung sollte vor dem ersten Geschlechtsverkehr erfolgen, also im Alter von ca. 9 bis 14 Jahren. Je mehr Kinder geimpft sind, desto größer die Chance, in Zukunft die Rate der Krebserkrankungen des Hals-Nasen-Ohren-Bereichs zu senken.
Folge 6 der Serie: Das Helios Onkologische Zentrum (HOZ)
Prostatakrebs: Neue Medikamente wirken sehr gut
Früher galt Prostatakrebs gemeinhin als Erkrankung alter Männer. Doch die Einschätzung hat sich einer veränderten Wirklichkeit angepasst. Zwar sind es in der Regel Männer in fortgeschrittenem Alter, bei denen ein Karzinom an der Vorsteherdrüse diagnostiziert wird. Doch die Menschen werden heutzutage beträchtlich älter als früher. Zudem bleiben sie vielfach länger vital und aktiv. Ein Prostatakrebs im Alter von 50 oder 60 oder 70 Jahren kann eine erhebliche Gefahr und Beeinträchtigung in der zweiten Hälfte des Lebens bedeuten.
Aggressive Krebsart
Zumal die betroffenen Patienten häufig um die Erkrankung ihrer Prostata gar nicht wissen. „Vielfach werden an uns Patienten überwiesen, die an Metastasen in den Knochen leiden“, berichtet Professor Dr. Martin Friedrich, seit 12 Jahren Chefarzt der Klinik für Urologie und Kinderurologie am Helios Klinikum Krefeld und Leiter des dortigen Prostatakrebszentrums.
Das ist eine der teuflischen Gefahren des Prostatakrebses. Der eigentliche Krankheitsherd in der Prostata wird vielfach erst ermittelt, nachdem die Knochen oder Organe mit Metastasen befallen wurden. Es handelt sich also um eine aggressive Krebsart. Und überdies die häufigste Krebserkrankung beim Mann.
Deshalb rät Prof. Friedrich, der seine Ausbildung in Hamburg und Los Angeles absolvierte, jedem Mann über 45 Jahre dringend, die jährliche Vorsorgeuntersuchung beim Urologen in Anspruch zu nehmen. Sie wird von den Krankenkassen bezahlt.
Zertifiziertes Zentrum
Bei einer Krebserkrankung der Prostata steht dem Patienten im Prostatakrebszentrum am Helios-Klinikum Krefeld eine exzellente medizinische und wissenschaftliche Kompetenz zur Seite; mit medizinischen und organisatorischen Abläufen, die festgelegten internationalen Standards entsprechen. Deshalb wurde das Zentrum von der Deutschen Krebsgesellschaft auch eigens zertifiziert. Die strengen Kriterien der Zertifizierung werden regelmäßig durch auswärtige Experten überprüft.
Passgenaue Therapien
Zu den Kriterien der Zertifizierung gehört wesentlich das sogenannte Tumorboard. In diesem Gremium beratschlagen die Fachärzte aller beteiligten Fachgebiete gemeinsam den Heilungsplan bei jedem einzelnen Patienten. Beteiligt sind die Urologen, Onkologen, Pathologen, Radiologen, Chirurgen und weitere Fachmediziner. „Es geht darum, für jeden einzelnen Patienten die beste Therapie zu finden“, erklärt Prof. Friedrich. Denn die Möglichkeiten der modernen Medizin sind vielfältig.
OP und Bestrahlung
Vor allem bei jüngeren Patienten raten Prof. Friedrich und seine Kollegen vielfach eher zu einer Operation als zu einer Strahlentherapie. Denn eine Bestrahlung birgt neben ihren Erfolgen auch Risiken bezüglich des umgebenden Gewebes, beispielsweise des Dickdarmendes. Somit wird eine Strahlentherapie vielfach dem älteren Mann angeraten, dessen allgemeiner Gesundheitszustand für eine OP nicht mehr robust genug ist. „Bei der Entscheidungsfindung spricht der Patient selber mit“, versichert Prof. Friedrich.
Beratung: Prof. Martin Friedrich, Chefarzt der Klinik für Urologie und Kinderurologie und Leiter des Prostatakrebszentrums am Helios Klinikum Krefeld, im Gespräch mit einem Patienten.
Foto: Simon ErathGewebeanalyse im Haus
Neben anderen Faktoren sind für die Mediziner die Ergebnisse der Gewebeuntersuchungen von großer Bedeutung. Im Helios-Klinikum entnehmen sie dem Patienten Gewebeproben, die von Pathologen im eigenen Haus analysiert werden. So stehen in kurzer Zeit fundierte Daten über die Natur des Tumors zur Verfügung. Diese Daten sind entscheidend für eine Therapie, die „passgenau“ auf den einzelnen Patienten zugeschnitten ist.
Wirksame Medikamente
Dazu kann auch eine Hormontherapie gehören. Prof. Friedrich erläutert: „Das Testosteron ist ursächlich für den Prostatakrebs. Durch medikamentöse Behandlung schalten wir es aus, was zu einer Schrumpfung von Tumor und Metastasen führt.“
Aber auch, wenn der Testosteronentzug nicht mehr greift, sind die Möglichkeiten medikamentöser Behandlung nicht erschöpft: „In den letzten Jahren sind neue Medikamente entwickelt worden, die extrem gut wirken“, freut sich Prof. Friedrich.
Aktive Überwachung
Zuweilen kommen die Mediziner im Tumorboard sogar zu dem Entschluss, einen Tumor vorerst nicht zu entfernen, sondern seine Stabilisierung regelmäßig zu überwachen. Diese sogenannte „aktive Überwachung“ wird vor allem bei jüngeren Patienten erwogen. „Wir zögern damit den Zeitpunkt der Operation um Jahre hinaus“, erklärt Prof. Friedrich. Denn durch die Operation ist der Patient in der Regel zwar geheilt, doch unterbindet sie in der Folge den Samenerguss, da die Prostata die Samenflüssigkeit produziert. Der Chirurg wird sich mühen, beim Eingriff die Erektionsnerven zu schonen, sodass auch nach der OP eine Weiterführung des Sexuallebens möglich bleibt. Müssen die Erektionsnerven aber mit entfernt werden, müsste der Patient auf Schwellkörperprothesen zurückgreifen, um sexuell aktiv bleiben zu können. Aus diesen Gründen kann es sich empfehlen, die Operation hinauszuschieben.
Tastung und PSA-Test
Vorsorge ist also auf jeden Fall anzuraten. Einmal jährlich tastet der Urologe die Prostata auf Veränderungen ab. Auch der sogenannte PSA-Wert, der auf einem von der Prostata erzeugten Antigen beruht, kann auf eine mögliche Erkrankung hinweisen. Die Kosten des PSA-Tests (ca. 20 Euro) werden derzeit aber nicht von den Krankenkassen übernommen, da seine Aussagekraft umstritten ist. Die Abtastung hingegen ist für den Versicherten kostenlos. Leider jedoch gelten Männer als „Vorsorgemuffel“. Nur ein Teil der Männer ab 45 Jahren nimmt die Vorsorge in Anspruch. Angesichts der Gefahren des Prostatakrebses sollten diese Männer umdenken.
Folge 5 der Serie: Das Helios Onkologische Zentrum (HOZ)
Brustkrebs meist heilbar
Die Medizin weist große Fortschritte in der Behandlung des Brustkrebs auf. Das Brustzentrum im Helios Klinikum Krefeld ist in die wissenschaftliche Forschung aktiv eingebunden und deshalb auf dem neusten Stand. Die Behandlungsabläufe wurden von der Deutschen Krebsgesellschaft zertifiziert und unterstehen regelmäßiger Kontrolle. Wie sieht eine moderne Brustkrebsbehandlung aus? Darüber sprach der Extra-Tipp mit dem Leiter des Brustzentrums, Privat-Dozent Dr. Stefan Krämer und dem Chefarzt der Klinik für Frauenheilkunde, Prof. Dr. Michael Friedrich.Die schlechte Nachricht vorweg: Brustkrebs gehört zu den häufigsten Krebserkrankungen bei Frauen. Gut 30 Prozent der Brusttumore sind sogar aggressiver Art, das bedeutet: sie streuen Krebszellen in andere Organe.
Neben dieser Bedrohung gibt es aber auch positive Nachrichten: „Die medizinische Forschung auf dem Gebiet des Brustkrebs hat in den letzten zehn Jahren sehr große Fortschritte gemacht“, erklärt Dr. Krämer. „Über 80 Prozent der Patientinnen werden geheilt“, bestätigt Prof. Friedrich.
Dr. Krämer leitet das Brustzentrum am Helios Klinikum Krefeld. Es bildet eine Abteilung der Klinik für Frauenheilkunde, der Prof. Friedrich als Chefarzt vorsteht. Friedrich ist zudem Mitglied des deutschen Expertengremiums, das die Leitlinien der Brustkrebsbehandlung für Deutschland festlegt.
Personalisierte Therapie
„Wir verfolgen heute eine personalisierte Behandlung, die auf das spezifische Krankheitsbild der Patientin maßgeschneidert ist“, erklärt Prof. Friedrich. Denn es gibt mehr als zehn verschiedene Arten von Brustkrebs. Darunter finden sich Tumore, die nur langsam wachsen, aber auch hoch aggressive Formen, deren bösartige Zellen sich sehr schnell teilen.
Genetische Analyse
Um die jeweilige Tumorart genau zu identifizieren, untersuchen Molekularpathologen Gewebeproben auf ihre genetische Beschaffenheit. „Ein großer Vorteil unserer Klinik sind die kurzen Wege“, betont Prof. Friedrich. Gewebeproben müssen nicht an auswärtige Labore geschickt werden. Die notwendige Pathologie dazu befindet sich im eigenen Haus.
Die genetische Untersuchung gibt nicht nur Aufschluss über die Art des Tumors, sondern auch Hinweise auf die geeignete Reihenfolge der Behandlungsschritte. „Es kann sinnvoll sein, zunächst die mögliche Streuung der Krebszellen zu unterbinden und erst im zweiten Schritt den Knoten in der Brust zu operieren“, gibt Dr. Krämer ein Beispiel.
Tumorboard
Analyse: Privat-Dozent Dr. Stefan Krämer (vorn) und Prof. Dr. Michael Friedrich nutzen für ihre Untersuchungen ebenso Gentests wie digitale Medien und internationale Forschungsberichte.
Foto: MüllerÜber die bestmögliche Vorgehensweise beraten im Helios Klinikum Krefeld die Fachmediziner im sogenannten „Tumorboard“. Zu dieser Konferenz treffen sich die Experten aller beteiligten Fachabteilungen, also u.a. Onkologen, Pathologen, Radiologen und Gynäkologen. Gemeinsam beschließt das Gremium den optimalen Behandlungsweg für jede einzelne Patientin. Ein solches Tumorboard ist Grundlage und Voraussetzung für die Zertifizierung durch die Deutsche Krebsgesellschaft.
Systemische Therapie
Seit einigen Jahren gewinnt die sogenannte „systemische Therapie“ mit Medikamenten an Bedeutung. Sie kann aus einer Hormonbehandlung bestehen, die sehr gezielt auf die Beschaffenheit des jeweiligen Tumors ausgerichtet ist. Eine weitere Variante ist die Antikörperbehandlung. „Sie blockiert genau die Faktoren, die für das Wachstum des Tumors verantwortlich sind “ erläutert Dr. Krämer. Als dritte Möglichkeit bleibt die Chemotherapie. Sie wirkt nicht so zielgerichtet wie die beiden anderen, tötet aber relativ schnell die Krebszellen ab.
Moderne Chemotherapie
Bei Chemotherapien können zahlreiche Nebenwirkungen auf Herz, Kreislauf und Blutbild auftreten. Das Helios Klinikum konnte durch den Einsatz von Gentests die Anwendungshäufigkeit der Chemotherapie deutlich senken. „Manche Fälle von Brustkrebs bewegen sich in einer Grauzone, bei der ohne Gentest nicht eindeutig zu entscheiden ist, ob eine Chemotherapie notwendig wird oder nicht“, erklärt Prof. Friedrich. Das kann zum Beispiel vorliegen, wenn zwar die Lymphknoten noch nicht befallen sind, aber der Knoten in der Brust eine bestimmte Größe überschritten hat. Durch den Gentest konnte bei 30 Prozent solcher „Fälle“, bei denen früher auf jeden Fall eine Chemotherapie eingeleitet worden wäre, auf diese Maßnahme verzichtet werden. Im Helios-Klinikum ist der Gentest seit Jahren Standard.
Patientinnen, die sich der Chemotherapie unterziehen müssen, fürchten auch den Haarausfall. Deshalb setzt das Klinikum seit Jahren während der Behandlung eine Kühlhaube ein. Sie sorgt in über der Hälfte der Fälle dafür, dass die Kopfhaare weitgehend erhalten bleiben.
Brust erhaltende OP
Wesentliche Fortschritte verzeichnet die Medizin auch bei der Operation zur Entfernung des Tumors. „Früher wurde gleich die Brust amputiert“, wirft Prof. Friedrich den Blick zurück, „heute hingegen verlaufen 70 bis 80 Prozent der Operationen Brust erhaltend“. Auch die der OP nachfolgende Strahlenbehandlung konnte inzwischen verbessert werden. Waren früher sechs Wochen notwendig, sind es heute noch vier Wochen. Ein Teil der notwendigen Bestrahlung nach einer brusterhaltenden Operation kann im Helios Klinikum Krefeld auch schon während der Operation (intraoperativ) durchgeführt werden. Diese Bestrahlungsmethode reduziert das lokale Rückfallrisiko auf ein Minimum.
Vorsorge und Infos
Auch beim Brustkrebs gilt: je früher eine Erkrankung erkannt wird, desto größer sind die Heilungschancen. Deshalb empfehlen Professor Friedrich und Privat-Dozent Krämer den Frauen zwischen 50 und 69 Jahren, alle zwei Jahre die Mammografie-Untersuchung in Anspruch zu nehmen, die die Krankenkassen bezahlen. Leider kommen bisher nur rund 50 Prozent der Frauen zur Mammografie. Frauen zwischen 30 und 49 Jahren und dann wieder ab 70 Jahren sollten sich einmal im Jahr von ihrem Arzt abtasten lassen. Auch diese Leistung der Früherkennung bezahlen die Krankenkassen.
„Im Übrigen weise ich auf unser Frauenforum hin“, gibt Prof. Friedrich noch einen Tipp. Das Frauenforum findet einmal im Monat jeweils mittwochs im Brustzentrum statt (Haus B, 4. Etage, Raum 601) und beginnt um 17 Uhr. Darin informieren Ärzte zu Krebserkrankungen bei Frauen. Mehr zu Themen und Terminen im Internet unter:
www.helios-gesundheit.de/krefeld
Folge 4 der Serie: Das Helios Onkologische Zentrum (HOZ)Gemeinsam gegen Hautkrebs
Bösartige Hauttumoren wie Basalzellkarzinome, Plattenepithelkarzinome, Melanome und kutane Lymphome gehören zu den häufigsten Krebserkrankungen überhaupt. Während Frühstadien fast immer heilbar sind, erfordern fortgeschrittene Tumoren oft eine komplexe Behandlung. Für eine bestmögliche Diagnose und Therapie hat Chefarzt Priv.-Doz. Dr. Chalid Assaf mit seinem Team am Helios Klinikum ein Hautkrebszentrum aufgebaut, das das komplette Leistungs- und Behandlungsspektrum abdeckt.
Das Hautkrebszentrum am Krefelder Helios Klinikum befindet sich in einem schönen roten, gut 100 Jahre alten Backsteinbau. Hier sind die Decken noch hoch, das Treppenhaus mit dem verzierten Geländer geschwungen und selbst der Fliesenboden weist Muster im Geschmack des Jugendstils auf.
„Helios hat das ehrwürdige Haus 2014 grundlegend saniert und renoviert“, berichtet Chefarzt Dr. Chalid Assaf, der neben der architektonischen Ästhetik auch auf die modernen „inneren Werte“ des historischen Gebäudes hinweist:
Die ganzheitliche Versorgung von Tumorpatienten nach den neuesten wissenschaftlichen Erkenntnissen vereint unter einem Dach – von der Analyse der Gewebeproben über die Operation des Hauttumors bis zur medikamentösen Behandlung, abgestimmt auf die spezielle genetischen Veränderungen des Tumors.
3-D-Histologie
Mit besonderem Stolz führt Dr. Assaf in einen Saal, in dem ein großes Multihead-Mikroskop, an dem sechs Ärzte gleichzeitig mikroskopieren können, mit einem großen Bildschirm verbunden ist.
Diese Anlage dient der digital unterstützten „3-D-Histologie“. Das bedeutet: Hier werden Proben von Hautgewebe auf Tumorspuren untersucht und klassifiziert. Diese exakte Bestimmung ist von entscheidender Bedeutung für eine passgenaue Therapie.
Eine solche Histologie im eigenen Haus stellt eine Besonderheit dar. Dadurch können die behandelnden Dermatologen das klinische Bild direkt mit dem mikroskopischen Befund in Beziehung abgleichen. Diese sogenannte „kliniko-pathologische Korrelation“ führt zur höchsten Diagnosequalität, die dem Patienten direkt zugutekommt und die Behandlungssicherheit erhöht.
Von Berlin nach Krefeld
Die Möglichkeit, im eigenen Haus eine Histologie aufzubauen, war für Dr. Assaf ein wichtiges Kriterium, vor zehn Jahren die Chefarztposition in Krefeld zu übernehmen. Zuvor hatte der Privat-Dozent an der berühmten Berliner Charité gewirkt. Dort ist der Dermatologe auch heute noch aktiv, hält Vorlesungen vor Studenten und verbindet vor allem durch wissenschaftliche Studien die Fachkompetenzen der Berliner Charité und des Krefelder Klinikums. „Wir nehmen an zahlreichen klinischen Studien mit innovativen Medikamenten teil, die häufig eine hohe Ansprechrate zeigen und sogar mit einem Überlebensvorteil verbunden sind “, unterstreicht Dr. Assaf, der auch für Fachbücher mit internationaler Expertenbeteiligung verantwortlich zeichnet. Das Nachrichtenmagazin „Focus“ versieht in seinen regelmäßigen Rankings der qualifiziertesten deutschen Hautkrebsspezialisten den Krefelder Mediziner seit Jahren mit einem Spitzenplatz.
Einen Schwerpunkt seiner wissenschaftlichen Arbeit widmet der Chefarzt der Erforschung der sogenannten Haut-Lymphome. Diese gehören zu einer Gruppe von bösartigen Erkrankungen, die von Immunzellen des Körpers ausgehen. Die Krefelder Hautklinik ist gleichzeitig Referenzzentrum und Konsultationszentrum für kutane Lymphome. So profitieren auch die Krefelder Patienten von den aktuell bundesweit laufenden Studien.
Krankheitsentwicklung
Chefarzt PD Dr. Chalid Assaf (r.), Oberarzt Dr. Frank Hessler (l.) sowie Oberarzt und Koordinator Dr. Mehmet Baltaci (Mitte) untersuchen mithilfe von Mikroskopen die Gewebeproben zur genaueren Bestimmung der Erkrankung. Die Ergebnisse werden auf dem Bildschirm digital dargestellt. Dr. Assaf vergleicht gerade die Untersuchungsergebnisse mit früheren Feststellungen, die er und internationale Kollegen in seinem neusten Fachbuch festgehalten und erläutert haben.
Foto: Helios Onkologische Zentrum (HOZ)/Müller, ErnstDie hohe Kompetenz dient jährlich mehr als 10.000 Patienten des DKG-zertifizierten Hautkrebszentrums. Das ist leider auch bitter notwendig, denn die Zahl der Hautkrebsfälle hat sich in den letzten zehn Jahren verdoppelt. Rund 300.000 Neuerkrankungen werden pro Jahr in Deutschland registriert. Rund 23.000 fallen auf den gefürchteten schwarzen Hautkrebs, das Melanom. Der Rest ist meist weißer Hautkrebs. „Jetzt machen sich die vermeintlich kleinen, aber nachhaltigen Sünden der 70er Jahre bemerkbar“, erklärt Dr. Assaf. Gemeint ist das ungeschützte, intensive Sonnenbaden an südlichen Stränden und im eigenen Garten.
Heilungschancen
Beim weißen Hautkrebs gilt der Patient nach der Operation mit histologisch gesicherter, kompletter Entfernung des Tumors als geheilt. Beim schwarzen Hautkrebs im Frühstadium vielfach ebenfalls.
Allerdings steigt das Risiko, dass ein schwarzer Hautkrebs Metastasen gebildet hat, wenn er spät, in einem fortgeschrittenen Stadium, diagnostiziert wird. Dann müssen die Ärzte dem Krebs oft mit verschiedenen Therapien, wie Immun- oder Strahlentherapien sowie zielgerichteten Medikamenten zu Leibe rücken.
Die Analyse des Krebsgewebes zeigt den Medizinern die genaue Art der Erkrankung an, eine Voraussetzung dafür, Medikamente sehr gezielt einsetzen zu können. „Darüber hinaus macht die Forschung auf diesem Gebiet rasante Fortschritte“, betont Dr. Assaf, dennoch mahnt der Dermatologe zur Achtsamkeit: „Eine frühe Diagnose ist ausschlaggebend. Prüfen Sie daher regelmäßig Ihre Haut und nutzen Sie die Möglichkeiten zur Vorsorgeuntersuchung.“
Zertifizierung
In zertifizierten Zentren unterliegen alle Behandlungsabläufe regelmäßigen Kontrollen durch unabhängige Experten. Sie prüfen, ob die Standards, die international für die Hautkrebsbehandlung vorgegeben sind, konsequent eingehalten werden. Das Krefelder Hautkrebszentrum hält diese Standards nicht nur ein, sondern hat sich durch seine besondere Ausstattung und Expertise zu einem führenden Zentrum in der rheinischen Region entwickelt.
Welche Therapie für einen krebserkrankten Patienten individuell die geeignetste ist, besprechen die Fachärzte aller beteiligten Disziplinen im interdisziplinären Tumorboard.
Jeder einzelne Fall wird hier von Dermatologen, Onkologen, Radiologen, Pathologen, Chirurgen, Strahlentherapeuten und weiterer Experten besprochen und diskutiert.
Die Konferenz ist das Herzstück des Helios Onkologischen Zentrums (HOZ), das die gebündelte Expertise unter einem Dach vorhält.
Eine der großen Stärken des Krefelder Klinikums.
Die nächste Folge unserer Serie, diesmal zum Thema Brustkrebs, lesen Sie in unserer nächsten Ausgabe vom „Extra Tipp am Sonntag“ am 7. Juli.
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Folge 3 der Serie: Das Helios Onkologische Zentrum (HOZ)
"Gemeinsamer Kampf gegen Lungenkrebs"
Lungenkrebs ist eine der häufigsten Tumorarten überhaupt. Bei der Sterblichkeit durch bösartige Tumoren steht er bei den Männern sogar an erster Stelle. Entscheidend ist es daher, vermeidbaren Risiken vorzubeugen, immer wieder für Warnzeichen zu sensibilisieren und für Betroffene eine leitliniengerechte und zugleich individualisierte Therapie sicherzustellen. Dafür engagieren sich der Pneumologe Dr. Manuel Streuter und der Thoraxchirurg Dr. Martin Hohls. Gemeinsam leiten sie am Helios-Klinikum das von der Deutschen Krebsgesellschaft zertifizierte Lungenkrebszentrum.Lungenkrebs ist heimtückisch. Denn die Krankheit macht sich zunächst nicht bemerkbar. Ein Krebsknoten in der Lunge verursacht in der Regel weder Schmerzen noch Luftnot. Vielfach fällt ein Krebsbefall der Lunge erst auf, wenn an anderen Stellen des Körpers Tochtergeschwülste diagnostiziert werden und daraufhin auch die Lunge in die Untersuchung einbezogen wird. Und da es sich vielfach um ältere Patienten handelt, die nicht selten noch andere Beschwerden haben, die den Körper schwächen, ist auch die Therapie nicht einfach.
Umso mehr bedarf es einer hohen fachlichen Expertise, um Patienten in solcher Notlage optimal zu behandeln.
Zertifizierung
Das Lungenkrebszentrum am Helios-Klinikum Krefeld ist von der Deutschen Krebsgesellschaft zertifiziert worden.
Das bedeutet, alle Behandlungsschritte, von der Diagnose über Operation, Chemotherapie, Immuntherapie und Bestrahlung bis zur Nachsorge unterliegen den von einem Expertengremium festgelegten Leitlinien, werden nachvollziehbar dokumentiert und regelmäßig von außenstehenden Experten überprüft. Das verleiht dem Zentrum eine besondere Anerkennung, die weit über die Grenzen Krefelds hinausstrahlt.
Dr. Manuel Streuter, Chefarzt der Klinik für Pneumologie, Schlaf- und Beatmungsmedizin, und Dr. Martin Hohls, Chefarzt der Klinik für Thoraxchirurgie, führen im engen medizinischen Schulterschluss das Lungenkrebszentrum.
Diese enge Zusammenarbeit der beiden Mediziner und ihrer Fachabteilungen ist gerade beim Lungenkrebs von großer Bedeutung. „Denn die geeignete Therapie richtet sich immer nach der spezifischen Krebsart und der individuellen Befindlichkeit des Patienten“, unterstreicht Dr. Streuter. Der Fachmediziner unterscheidet mindestens zehn verschiedene Unterarten des Lungenkrebses. „Um welche Art es sich bei dem jeweiligen Patienten handelt, ergibt eine Genanalyse“, führt der Lungenexperte weiter aus.
Genanalyse
Eine Gewebeprobe wird ins Labor gegeben und genauestens untersucht. Steht die genetische Beschaffenheit des Tumors fest, können die Ärzte eine Therapie einleiten, die exakt auf die Struktur des jeweiligen Tumors ausgerichtet ist.
Landläufig und anschaulich nennt man dieses passgenaue Verfahren auch das „Schlüssel-Schloss-Prinzip“. Die Festlegung der geeignetsten Therapie erfolgt im sogenannten „Tumorboard“ – einer Konferenz aller beteiligten Mediziner der verschiedenen Fachabteilungen.
Hier sitzen Experten aus allen Fachbereichen zusammen und erörtern die beste Behandlungsstrategie für jeden einzelnen onkologischen Patienten. Dazu bringen Radiologen, Pathologen, Chirurgen, Pneumologen, Onkologen und weitere Experten zu dem konkreten Krankheitsbild ihr spezifisches Fachwissen ein. Gemeinsam beratschlagen sie, welche Maßnahmen bei dem einzelnen Patienten jeweils die sinnvollsten sind.
Heilungschancen
„10 bis 15 Prozent der Tumore sind zum Zeitpunkt der ersten Diagnose operabel“, erklärt Thoraxchirurg Dr. Hohls, „weitere 15 Prozent sind zu groß für eine Operation, können aber durch Bestrahlungen und Medikamente entsprechend verkleinert und dann operiert werden.“
Zweidrittel der Lungentumore werden erst in einem so späten Stadium entdeckt, dass eine Heilung nicht mehr möglich ist. Aber auch diese Patienten werden am Lungenkrebszentrum bestmöglich betreut. „Dabei stehen für uns immer eine vertrauensvolle Beziehung und ein ehrlicher Umgang mit unseren Patienten sowie ihre Lebensqualität und Schmerzfreiheit im Vordergrund. Wir können zum Beispiel durch Medikamente versuchen, das Krebswachstum deutlich zu verlangsamen. Ein weiterer wichtiger Punkt ist die Therapie von Tumorschmerzen etwa durch eine gezielte Bestrahlung der Schmerzregion“.
Forschungsfortschritte
Neben dem Vormarsch von Lungenerkrankungen macht auch die medizinische Forschung weiter Fortschritte im Kampf gegen den Krebs. „Heute können neue Medikamente dazu beitragen, den Krankheitsverlauf so positiv zu beeinflussen, dass man mehrere Jahre auch mit der Erkrankung gut leben kann“, gibt Dr. Streuter den aktuellen Stand der Wissenschaft wieder.
Eine extrem große Bedeutung beim Kampf gegen Krebs kommt auch der Immuntherapie zu. Dabei ertüchtigen die Mediziner das körpereigene Abwehrsystem, damit es aus eigener Kraft heraus die Krebszellen abtötet.
Was die Wissenschaft an Erkenntnissen und Methodiken erforscht, steht auch den Patienten am wissenschaftlich bestens vernetzten Krefelder Lungenkrebszentrum zur Verfügung. „Auch unsere Patienten profitieren unmittelbar vom wissenschaftlichen Fortschritt“, versichert Dr. Streuter, „Neue Therapieansätze kommen nicht nur bei uns Medizinern an, sondern immer auch dem Patienten zugute.“
Betreuung
Einen wichtigen Teil der Arbeit macht allerdings nach wie vor eine ganz ursprüngliche ärztliche Tätigkeit aus: „Unsere Patienten werden durch die Diagnose Lungenkrebs von einem Moment auf den anderen aus ihrem gewohnten Leben geworfen und mit einer schweren Erkrankung konfrontiert. Deshalb nehmen wir uns bei der Beratung und Betreuung viel Zeit“, ergänzt Dr. Hohls. Durch das Netzwerk des Onkologischen Zentrums, kurz HOZ, sind Patienten und Angehörige in ihrer Not nicht allein. Auch psychologische und seelsorgerische Betreuung sowie soziale Dienste gehören zum breiten Betreuungsspektrum, auch des Lungenkrebszentrums.
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Folge 2 der Serie: Darmkrebszentrum: Chefärzte im Gespräch
Herr Prof. Frieling, Herr Dr. Wullstein, haben Sie bei sich selbst bereits eine Darmspiegelung vornehmen lassen?
Frieling: Selbstverständlich. Das ist die beste Möglichkeit, Darmkrebs frühzeitig zu erkennen. Die Kosten übernehmen die Kassen. Nach den neusten Fachempfehlungen soll jetzt sogar schon vom 50. Lebensjahr an jeder eine Darmspiegelung in Anspruch nehmen. Wenn nichts Auffälliges gefunden wird hat man ohne Risikokonstellation dann 10 Jahre Ruhe. Die Vorsorgekoloskopie ist schonend, sicher und senkt nachweislich das Risiko, an Darmkrebs zu erkranken oder zu versterben. Endoskopisch können dabei Krebsvorläufer, etwa Polypen, und sogar Krebsfrühformen erkannt und sicher entfernt werden.
Wullstein: Ich habe die Darmspiegelung ebenfalls bereits hinter mir. Das sollte für jeden, der sich mit dem Thema beschäftigt, selbstverständlich sein. Durch die Früherkennung und Behandlung der Vorstufen kann Darmkrebs heute weitgehend vermieden werden.
Patienten sollen nach neusten wissenschaftlichen Ergebnissen in zertifizierten Zentren besser versorgt sein. Was macht den Unterschied aus?
Frieling: Eine Zertifizierung nach Maßgabe der Deutschen Krebsgesellschaft weist nach, dass bei uns Leitlinien und internationale Standards in allen Abschnitten der Darmkrebsbehandlung eingehalten und auch überprüft werden. Das gilt von der Untersuchung des Darms und der Diagnose über Operationen und mögliche medikamentöse Therapien sowie Chemotherapien bis hin zur psychologischen Begleitung.
Wie kann sich ein Darmzentrum zertifizieren lassen?
Frieling: Neben Mindestmengen - etwa von Darmspiegelungen, Polypenabtragungen, Operationen, Chemotherapien und Bestrahlungen - muss eine geregelte Nachsorge vorgehalten werden. Hinzu kommt, dass die Untersuchungs- und Behandlungsabläufe strukturiert und nach den aktuellsten Vorgaben erfüllt sein müssen. Auch die enge Zusammenarbeit mit allen Fachabteilungen - u. a. Gastroenterologie, Onkologie, Viszeralchirurgie, Strahlentherapie, Radiologie, Physiotherapie, Ernährungsmedizin, Sozialdienst, Psychoonkologie – und den niedergelassenen Kolleginnen und Kollegen ist unabdingbar. Jeder Behandlungsschritt muss schriftlich dokumentiert werden. Neben einer festgelegten Anzahl behandelter Patienten müssen natürlich auch die Ärzte über nachweisbar viel Erfahrung verfügen. In Deutschland gibt es nur rund 120 solcher zertifizierten Onkologischen Zentren. Krefeld gehört mit dem HOZ dazu.
Wullstein: Bei der Zertifizierung ist unser Tumorboard von besonderer Bedeutung. Das ist eine interdisziplinäre Konferenz, an der die Fachärzte aller in den Behandlungsprozess involvierten Abteilungen teilnehmen. Hier besprechen wir jeden Einzelfall und jeder bringt sein Fachwissen ein. Gemeinsam definieren wir den besten Behandlungsweg für jeden unserer Patienten. Unser Tumorboard berät neben anderen Helios Kliniken heute auch externe Krankenhäuser, die ihre Patienten vorstellen.
Lässt sich der Effekt eines solchen zertifizierten Darmzentrums messen?
Wullstein: Wissenschaftliche Studien zeigen, dass die Heilungschancen von Patienten mit Darmkrebs in zertifizierten Darmzentren höher sind als in nicht-zertifizierten Einrichtungen. Nach drei Jahren leben mit 71,6 Prozent fast 10 Prozent mehr Patienten, wenn sie in einem zertifizierten Darmkrebszentrum operiert wurden. Auch das Risiko der Operation selbst ist in zertifizierten Darmkrebszentren verringert. Die Sterblichkeit nach operativen Eingriffen am Enddarm beträgt in zertifizierten Zentren 2,6 Prozent, bei nicht-zertifizierten Klinken sind es 4,3 Prozent. Das sind schon deutliche Unterschiede.
Welchen Einfluss hat die Operationsmethode? Sie, Herr Dr. Wullstein, gelten als Spezialist für die minimalinvasive Technik, die sogenannte Schlüsselloch-OP.
Wullstein: Diese Operationsmethode ist heute von besonderer Bedeutung. Wir wissen aus bevölkerungsbezogenen Analysen in Deutschland, dass Patienten mit Darmkrebs, die minimal-invasiv operiert wurden, länger leben und eine höhere Überlebenswahrscheinlichkeit haben als nach offenen, herkömmlichen Operationen. Nach fünf Jahren beträgt der Unterschied 11 Prozent. Allerdings setzt diese Methode eine besondere Erfahrung voraus.
Wie oft wenden Sie in Krefeld die Schlüsselloch-Methode an?
Wullstein: Wir führen nahezu alle geplanten Darmoperationen bei Darmkrebs minimalinvasiv durch. Nur in vier Prozent dieser Fälle müssen wir noch auf herkömmliche OP-Methoden zurückgreifen. In den zurückliegenden Jahren haben wir hier am Lutherplatz rund 1000 Patienten mit dieser Technik operiert und das Team immer weiter spezialisiert.
Findet das Krefelder Darmkrebszentrum auch in der Fachwelt Beachtung?
Frieling: Krefeld wird in der Fachwelt als absolutes Kompetenzzentrum am Niederrhein gewertet. Kleinere Krankenhäuser wenden sich vielfach an uns, wenn sie schwierige Fälle zu beurteilen oder zu behandeln haben.
Wullstein: Im OP haben wir regelmäßig andere Chirurgen zu Gast, die bestimmte Technik erlernen möchten und uns bei der Operation über die Schulter schauen. Auch auf Fachkongressen und in Kursen bilden wir andere Chirurgen fort, um unsere Erfahrung an andere Kollegen weiterzugeben.
Was kann jeder tun, um Darmkrebs vorzubeugen?
Frieling: Studien besagen, dass eine gesunde Lebensführung mit viel Bewegung, eine ausgewogene Ernährung mit Fisch, Obst, Gemüse und Ballaststoffen das Risiko senken, an Darmkrebs zu erkranken. Es gibt aber keine Krebsdiät. Eindeutig erwiesen ist aber der Nutzen der Vorsorgeuntersuchungen. Dazu gehören die Stuhltests beim Hausarzt und ganz besonders die Darmspiegelung. Denn Darmkrebs macht sich lange nicht bemerkbar, deshalb ist er so tückisch. Wer auf die Darmspieglung verzichtet, geht leichtsinnig mit seiner Gesundheit um.
Hinweis: Die dritte Folge unserer Serie über das Helios Onkologische Zentrum (HOZ) erscheint in unserer Printausgabe „Extra Tipp am Sonntag“ am 7. April. Dann lautet das Thema: Das gynäkologische Krebszentrum.
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Folge 1 der Serie: Das Helios Onkologische Zentrum (HOZ)
"HOZ erfüllt medizinisch das Niveau einer Uni-Klinik"
Die Tür zum Konferenzraum öffnet sich: Rund 20 Mediziner blicken auf eine Projektionswand. Die Radiologen, Chirurgen, Pathologen, Strahlentherapeuten und Onkologen der verschiedenen Organzentren betrachten CT-Bilder ihrer Krebspatienten. Jeder Arzt bringt bei der Fallbesprechung sein Fachwissen mit ein, um gemeinsam zur bestmöglichen Therapie für jeden Patienten zu kommen. Die Konferenz nennt sich interdisziplinäres Tumorboard und bildet ein Herzstück des Onkologischen Zentrums (HOZ) am Helios Klinikum Krefeld.
Über das HOZ und seine Funktion sprachen wir mit dessen Leiter Privat-Dozent Dr. Chalid Assaf und Klinikgeschäftsführer Alexander Holubars.
Herr Holubars, Herr Dr. Assaf, was genau ist das HOZ am Krefelder Helios-Klinikum?
Holubars: Die Behandlung einer Krebserkrankung gleicht für den Patienten vielfach einem Marathonlauf. Er beginnt mit der für Betroffene meist sehr schockierenden Diagnose der Erkrankung, geht über die Therapie mit Bestrahlungen oder einem chirurgischen Eingriff bis zur psychologischen und sozialen Nachsorge zu Hause. Im HOZ greifen alle diese medizinischen, pflegerischen und therapeutischen Leistungen ineinander zu einem ganzheitlichen Behandlungskonzept.
Wie funktioniert das konkret?
Dr. Assaf: Der Patient wird je nach seiner Krebserkrankung in einem der Organzentren behandelt, zum Beispiel im Lungen-, Haut- oder Darmkrebszentrum. Die Fachärzte dort besprechen jedes Krankheitsbild mit den Kollegen der organübergreifenden Kliniken — d.h. Radiologie, Pathologie, Strahlentherapie und Nuklearmedizin — in einem interdisziplinären Tumorboard. Hier bündeln alle beteiligten Ärzte ihr Fachwissen, um gemeinsam die optimale Therapie für jeden Patienten sicherzustellen.
Sie sprachen auch von Leistungen, die über den medizinischen Bereich hinausgehen?
Dr. Assaf: Wir leisten am HOZ auch psychologische Hilfestellung, wenn ein Patient einer seelischen Betreuung bedarf und diese auch in Anspruch nehmen möchte. Ebenso unterstützt der Sozialdienst, falls ein Patient anschließend zu Hause versorgt werden muss. Weil für Operationen und andere Behandlungen eine gute körperliche Konstitution von Vorteil ist, treiben unsere Physiotherapeuten auch Sport mit Patienten. Zwei unserer Physiotherapeuten bilden sich aktuell an der Sporthochschule Köln weiter, um ihr Trainingsprogramm im Rahmen der onkologischen Bewegungstherapie noch weiter auszubauen.
Das HOZ ist 2017 zertifiziert worden. Was bedeutet das?
Holubars: Ja, unser HOZ ist so gut aufgestellt, dass es von der Deutschen Krebsgesellschaft, kurz DKG, zertifiziert worden ist. Auch die einzelnen Organzentren wurden zertifiziert, zuletzt das Kinderonkologische Zentrum. Das ist ein offizieller Qualitätsnachweis und eine große Teamleistung, die auch ein wenig stolz macht.
Nach welchen Kriterien verläuft eine Zertifizierung?
Holubars: Für eine Zertifizierung müssen strenge Qualitätsanforderungen erfüllt werden. So muss nicht nur die Abstimmung zwischen den einzelnen Abteilungen reibungslos funktionieren. Es müssen auch die ständige Weiterbildung der Mitarbeiter gewährleistet sein und alle Vorgänge und Behandlungen genau dokumentiert werden. Zusätzlich spielen die Größe, Infrastruktur, Expertise und Fallzahlen der Klinik eine maßgebliche Rolle.
Wer überprüft das?
Dr. Assaf: Die Deutsche Krebsgesellschaft schickt jedes Jahr sogenannte Auditoren. Das sind Mediziner, die Zugang zu allen Stationen und OP-Sälen erhalten sowie alle Dokumentationen einsehen. Diese erstellen einen Prüfbericht. Ich bin stolz darauf, dass unserem HOZ im vergangenen Sommer ein hervorragendes Zeugnis ausgestellt wurde. Ich darf sagen, wir erfüllen medizinisch das Niveau einer Universitätsklinik.
Verdient Helios mit einem HOZ mehr Geld als ohne eine solch zertifizierte Einrichtung?
Holubars: Das Gegenteil ist richtig. Die Zertifizierung und Einrichtung des HOZ ist mit einem auch finanziellen Aufwand verbunden. Als Haus der Maximalversorgung sehen wir diese Investition aber als Verpflichtung an. Damit verbunden ist die strikte Einhaltung und der Nachweis vorgegebener Diagnose- und Therapiestandards.
Es muss beispielsweise stets die Pathologie auf dem aktuellsten Stand der molekulargenetischen Diagnostik besetzt sein, um in kürzester Zeit die Anfragen der Organkliniken beantworten zu können. Dazu haben wir unsere Teams und die technischen Methoden, etwa das Next Generation Sequencing, kurz NGS, in vielen Bereichen erweitert. Die Honorarsätze der Krankenkassen hingegen steigen durch eine Zertifizierung nicht.
Warum haben Sie das HOZ dann eingerichtet?
Dr. Assaf: Ich bin Ende 2015 mit diesem Vorhaben auf die Geschäftsführung zugegangen. Herrn Holubars brauchte ich davon nicht überzeugen, er und die komplette Klinikleitung haben ihre Unterstützung sofort zugesagt. Wir haben dann nach und nach alle Organzentren, die nicht schon zertifiziert waren, zertifizieren lassen und eben auch das HOZ in seiner Gesamtheit. Das war in diesem zeitlichen Ablauf für alle Beteiligten ein Herzensprojekt und Kraftakt zugleich. Heute sind alle von der DKG zertifizierbaren Organzentren des Klinikums ausgezeichnet. Ohne auf eine bestehende Struktur zurückgreifen zu können, wäre das so nicht möglich gewesen.
Und welchen Beweggrund hatten Sie?
Dr. Assaf: Meine Kollegen und ich sind in erster Linie Ärzte, die für ihre Patienten das Beste erreichen wollen. Gerade bei der Krebstherapie kommt es darauf an, auf dem aktuellsten Stand zu sein, um für unsere Patienten immer die optimale Hilfestellung sicherstellen zu können. Zudem schweißt so ein Zertifizierungsprozess Teams über die Berufsgruppen hinweg zusammen, was sich auch auf die Zusammenarbeit sehr positiv auswirkt.
Unterhalten Sie am HOZ auch einen Wissensaustausch mit den Forschern an Universitäten oder anderen Krankenhäusern?
Dr. Assaf: Ja, natürlich. Ich selber lehre nach wie vor an meiner Heimatuniversität, der Berliner Charité. Auch durch die Beteiligung an wissenschaftlichen Studien ist die Behandlung an vielen Punkten ihrer Zeit ein Stück voraus. So können Patienten von neuesten Therapien profitieren, die über das normale Behandlungsangebot weit hinausgehen. Darüber hinaus stehen wir etwa mit dem Westdeutschen Tumorzentrum an der Universität Essen und der RWTH Aachen in ständigem Kontakt.
Da jedes Krebszentrum seine Schwerpunkte hat, findet im Sinne einer bestmöglichen Behandlung auch ein enger Austausch zwischen den spezialisierten Zentren statt. Wir nehmen hier in Krefeld zum Beispiel keine allogene Stammzelltransplantationen vor.
Holubars: Das HOZ stellt seine umfassende Expertise auch kleineren Krankenhäusern zur Verfügung, die eine solche Infrastruktur und Spezialisierung nicht vorhalten können. So arbeiten wir beispielsweise mit Kliniken in Duisburg und Oberhausen zusammen und beraten Mediziner dieser Häuser bei der Versorgung komplexer onkologischer Krankheitsverläufe, häufig auch per Telemedizin. Wir sind mit unserem HOZ in der Krebsbehandlung neben Mönchen-gladbach in dieser Breite das Kompetenzzentrum am Niederrhein.
Wie ist allgemein der Stand der Krebsmedizin? Gab es in den letzten Jahren nennenswerte Fortschritte?
Dr. Assaf: Eindeutig ja. Der Fortschritt in der Krebsdiagnostik und insbesondere der Therapie ist sogar rasant zu nennen. Seit vor zirka 15 Jahren das menschliche Genom vollständig entschlüsselt wurde, können wir zunehmend die Gene identifizieren, die für die jeweilige Krebserkrankung ursächlich sind. Das eröffnet uns die Möglichkeit, die Erkrankung sehr viel gezielter zu bekämpfen.
Ist die Genforschung also der Königsweg zur Bekämpfung von Krebs?
Dr. Assaf: Nicht immer. Zunächst muss der Pathologe feststellen, ob der Krebs durch eine genetische Veränderung hervorgerufen wurde. Dann können gezielt Medikamente gegen die verursachenden Genveränderungen eingesetzt werden. Ebenso wichtig für die Krebsbekämpfung ist aber auch die Immunologie. Indem man das Immunsystem des Körpers anregt, kann es selbst Krebszellen erkennen und abtöten. Diese Erkenntnisse der Immuntherapie bei Krebs wurden letztes Jahr mit dem Nobelpreis ausgezeichnet.
Kann der Einzelne im Alltag etwas beitragen, um einer Krebserkrankung vorzubeugen?
Dr. Assaf: Empfehlenswert ist sicherlich eine gesunde Lebensweise mit ausgewogener Ernährung und viel sportlicher Bewegung. Es gibt Studien, die einen solchen Schluss nahelegen. Mit zunehmendem Alter lässt die Fähigkeit des Organismus nach, sich gegen bösartige Veränderungen zur Wehr zu setzen. Sport ist gut, weil in vielen Studien gezeigt werden konnte, dass Bewegung das Immunsystem anregt. Eine Versicherung gegen die Krankheit ist dies natürlich nicht. Dennoch: Wir alle können einen positiven Beitrag leisten, um die Risiken zu minimieren.