Tönisvorst-Vorst Godehard-Oktav beginnt mit der „Fensteröffnung“

Tönisvorst-Vorst · Es dürfte nicht viele katholische Pfarreien auf der Welt geben, die über ein „Fensteröffnungs-Team“ verfügen. In Vorst sorgt dieses besondere Grüppchen dafür, dass immer am 1. Mai ein Fenster der Seitenkapelle für die öffentliche Verehrung des Heiligen bereitet wird.

Die Godehardprozession in Tönisvorst-Vorst findet diesmal am 4. Mai statt.

Die Godehardprozession in Tönisvorst-Vorst findet diesmal am 4. Mai statt.

Foto: Heimatverein

Es ist der sichtbare Beginn der Godehard-Oktav (also einer achttägigen Festwoche), die von einem vielköpfigen Team organisiert und gestaltet wird.

„Dazu gehören die Fenster-Verantwortlichen, die sich unter anderem um Blumenschmuck in der Nische kümmern“, erklärt Katharina Knappe vom Gemeindevorstand St. Godehard. Die Heiligenfigur, die normalerweise rechts vom Altar in der Kirche steht, wird am Nachmittag von den Schützen auf ein Podest gestellt und in einer kurzen Prozession über den Markt und rund um den Maibaum getragen. Im Anschluss kommt der hölzerne Bischof dann ins offene Fenster, das sich – mit Blick aufs Hauptportal – rechts am Gotteshaus befindet. „Der 2020 verstorbene Pfarrer Ludwig Kamm hatte diese heute lieb gewordene Tradition eingeführt“, so Knappe.

„Godehard macht sich im wahren Wortsinn auf den Weg. Er wird zum ,Go’-dehard“, so Gemeindereferentin Regina Gorgs und verweist in diesem Zusammenhang auf das diesjährige Motto der Oktav: „Glauben geht“. „Der Heilige war ein sehr engagierter Mensch, der bereit war, von Bayern in den hohen Norden, nach Hildesheim, zu gehen und dort segensreich zu wirken. Und das noch mit Anfang 60 – für die Zeit um 1022 ein beachtliches Alter.“ Bis heute wird Godehard vor allem im Süden („Gotthard-Pass“) und in Hildesheim verehrt. Am Niederrhein ist Vorst eine Ausnahme – begründet durch ein Reliquien-Geschenk im Jahr 1031. Seitdem befindet sich hier ein Knochenstück. Vorst wurde zum Wallfahrtsort und Anziehungspunkt für zahllose Pilger.

Die Reliquie aus dem Hochmittelalter wird in einer Monstranz aufbewahrt und rund um den Todestag des Heiligen, das ist der 5. Mai, öffentlich präsentiert. Regina Gorgs nimmt die Monstranz auch mit ins Seniorenhaus Kandergarten und spricht über alle, die es möchten, einen besonderen Segen: „Auf die Fürbitte des Heiligen Godehard segne Dich der barmherzige Gott“. Das sei für die alten Menschen immer ein besonderer Moment, so die Gemeindereferentin.

Den „größten Auftritt“ hat die Reliquie im Rahmen der Godehard-Prozession, die immer am Sonntag nach dem 4. Mai stattfindet. „In diesem Jahr haben wir die schöne Besonderheit, dass der Namenstag auf einen Sonntag fällt“, freut sich Ulrike Schmitz, ebenfalls Mitglied im Gemeindevorstand. Nach einem Wortgottesdienst setzt sich der Zug am Vormittag in Bewegung. Traditionell mit dabei sind unter anderem die drei örtlichen Schützenbruderschaften, eine Kolping-Abordnung, zahlreiche Messdienerinnen und Messdiener (auch aus der St. Töniser Nachbarpfarre St. Cornelius) sowie der Musikzug der Freiwilligen Feuerwehr. Mehrere Dutzend „normale Gläubige“ schließen sich meistens an. Aus St. Tönis pilgern einige Menschen sogar vorab per Rad nach Vorst.

Die Bläser und Trommler der Feuerwehr sind in diesem Jahr musikalisch stark gefordert. Denn die Prozession macht – nach der Station zur Eucharistiefeier an Haus Neersdonk –erstmals im Neubaugebiet Vorst-Nord Halt. Dort sollen in einem Wendehammer vor allem neuere Kirchenlieder für Kinder gespielt und gesungen werden, zum Beispiel „Gottes Liebe ist so wunderbar“. Die Prozession richtet sich diesmal ganz besonders an junge Familien. „Es ist der Versuch, eine schöne, schon sehr alte Tradition frisch in die heutige Zeit zu transportieren“, sagt Regina Gorgs. Viele Menschen haben mit überlegt, wie das gehen kann. Dazu fand im Herbst ein „Brainstorming“ in größerer Runde statt. „Die Teilnehmenden können sich am heiligen Godehard selbst orientieren, der sehr flexibel auf die Bedürfnisse seiner Zeit reagiert hat, um die frohe Botschaft zu verbreiten.“ Neuzugezogene haben die Station mit vorbereitet. Regina Gorgs: „Es ist ein guter Einstieg für Familien mit kleinen Kindern, die noch nicht so weit laufen können.“ Wer möchte, kann sich nach dem Stopp im Neubaugebiet für den Rest des Weges anschließen.

Die andere Wegführung, die diesmal ausprobiert wird, soll mit einer „Spurensuche" die Kinder auch unterwegs ansprechen. Die Route ist etwas kürzer als sonst. „Insgesamt rund 2,5 Kilometer legen wir aber auch diesmal bestimmt wieder vom Start bis zum Ziel zurück“, meint Katharina Knappe. Dabei ist es üblich, dass der amtierende Schützenkönig, also diesmal Frank Moos, als Erster die Monstranz trägt – beschirmt durch den „Himmel“, einen Baldachin. „Dann wird sich abgewechselt, wobei auch schon Messdienerinnen und Kommunionkinder die Reliquie übernommen haben“, sagt Ulrike Schmitz. Zur Stärkung vor der Prozession wird ein Pilgerfrühstück in Haus Vorst angeboten (zur Stärkung nach der Prozession wartet die „Pilgersuppe“ der Schützen).

Bei der Rückkehr in die Ortsmitte empfangen ungewöhnliche Klänge den festlichen Zug: „Die Glocken von St. Godehard werden per Hand angeschlagen“, sagt Regina Gorgs. Dieses „Beiern“ per Klöppel erzeugt eine einmalige Melodie. Auch hier sind spezialisierte Ehrenamtler am Werk. Ihre Kolleginnen und Kollegen vom Fenster-Team sind letztmalig am 8. Mai gefordert: Die Öffnung der Kapelle wird zum Ende der Oktav geschlossen, die Figur kommt dann wieder auf ihren angestammten Platz – bis zum 1. Mai 2025.

Infos: Oktav in Kürze

1.Mai, 16 Uhr: Fenster-Öffnung
2. Mai, 11 Uhr: Kleinkindergottesdienst, gestaltet von der Kita St. Godehard.
3. Mai, 15.30 Uhr: Wortgottesdienst mit Reliquien-Segnung im Seniorenhaus Kandergarten.
5. Mai, 7 Uhr: Start der kleinen Rad-Prozession in St. Tönis (vor der Kirche); 7.30 Uhr: Pilgerfrühstück im Haus Vorst; 8.30 Uhr: Wortgottesdienst in der Kirche, im Anschluss setzt sich die Prozession in Bewegung; 10.30 Uhr: Prozession macht Halt in Vorst-Nord; gegen 11.30 Uhr: Schlusssegen auf dem Markt, im Anschluss Pilgersuppe im Festzelt der Schützen.
6. Mai, 9.30 Uhr: Gottesdienst mit anschließender Kranzniederlegung auf dem Friedhof.
8. Mai, 15 Uhr: Hl. Messe mit Krankensalbung. Im Anschluss gibt es Kaffe und Kuchen im „Mittendrin“.

Weitere Infos und Anmeldungen (für Pilgerfrühstück und Kaffee und Kuchen):
gdg-kempen-tönisvorst.de

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